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Inhalt - Übersicht

Einleitung

Erster Teil.
Die Idee des Kunstschönen oder das Ideal

Stellung der Kunst im Verhältnis zur endlichen Wirklichkeit und zur Religion und Philosophie

Zweiter Teil. Entwicklung des Ideals zu den besonderen Formen des Kunstschönen

Dritter Teil.
Das System der einzelnen Künste

Vom “Ende der Kunst” >

Wie nun aber die Kunst in der Natur und den endlichen Gebieten des Lebens ihr Vor hat, ebenso hat sie auch ein Nach, ...  >>>

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Vorlesungen über die Ästhetik
                          
(1835-1838)                                                              

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3. Die Verwandlungen

Das dritte, wovon wir der Fabel, Parabel, dem Sprichwort und Apolog gegenüber zu sprechen haben, sind die Metamorphosen. Sie sind zwar symbolisch-mythologischer Art, zugleich aber stellen sie dem Geistigen das Natürliche ausdrücklich gegenüber, indem sie einem natürlich Vorhandenen, einem Felsen, Tiere, einer Blume, Quelle die Bedeutung geben, ein Herunterkommen und eine Strafe geistiger Existenzen zu sein: der Philomele z. B., der Pieriden, des Narziß, der Arethusa, welche durch einen Fehltritt, eine Leidenschaft, ein Verbrechen in unendliche Schuld oder einen unendlichen Schmerz verfallen, der Freiheit des geistigen Lebens verlustig und zu einem nur natürlichen Dasein geworden sind.

Einerseits also wird hier das Natürliche nicht nur äußerlich und prosaisch als bloßer Berg,
Quell, Baum betrachtet, sondern es wird ihm ein Inhalt gegeben, der einer vom Geist ausgehenden Handlung oder Begebenheit angehört. Der Felsen ist nicht nur Stein, sondern Niobe, die um ihre Kinder weint. Andererseits ist diese menschliche Tat irgendeine Schuld und die Verwandlung zur bloßen Naturerscheinung als eine Degradation des Geistigen zu nehmen.

Wir müssen deshalb diese Verwandlungen menschlicher Individuen und Götter zu Naturdingen sehr wohl von der eigentlichen unbewußten Symbolik unterscheiden. In Ägypten wird teils in der geheimnisreichen, verschlossenen Innerlichkeit des tierischen Lebens unmittelbar das Göttliche angeschaut, teils ist das eigentliche Symbol eine Naturgestalt, welche mit einer weiteren, verwandten Bedeutung, obschon sie nicht deren wirkliches adäquates Dasein ausmachen soll, dennoch unmittelbar zusammengeschlossen wird, weil die unbewußte Symbolik ein noch nicht zum Geistigen, der Form wie dem Inhalt nach, befreites Anschauen ist. Die Verwandlungen dagegen machen die wesentliche Unterscheidung des Natürlichen und Geistigen und bilden in dieser Rücksicht den Übergang aus dem Symbolisch-Mythologischen in das eigentlich Mythologische, wenn wir letzteres nämlich so fassen, daß es in seinen Mythen zwar von einem konkreten Naturdasein, der Sonne, dem Meer, den Flüssen, Bäumen, der Befruchtung, der Erde ausgeht, doch dies bloß Natürliche sodann ausdrücklich ausscheidet, indem es den inneren Gehalt der natürlichen Erscheinungen herausnimmt und als eine vergeistigte Macht zu menschlich im Inneren und Äußeren gestalteten Göttern kunstgemäß individualisiert; wie Homer und Hesiod erst den Griechen ihre Mythologie gegeben haben, und zwar nicht als bloße Bedeutung der Götter, nicht als Darlegung moralischer, physikalischer, theologischer oder spekulativer Lehren, sondern die Mythologie als solche, den Anfang geistiger Religion in menschlicher Gestaltung.

In Ovids Metamorphosen ist außer der ganz modernen Behandlung des Mythischen das Heterogenste miteinander vermischt; außer den Verwandlungen, welche bloß als eine Art von mythischer Darstellung überhaupt gefaßt werden könnten, hebt sich der spezifische Standpunkt dieser Form insbesondere in denjenigen Erzählungen hervor, worin solche Gestaltungen, die gewöhnlich als symbolisch oder bereits auch ganz als mythisch aufgenommen sind, zu Metamorphosen verwandelt erscheinen und das sonst Vereinigte in den Gegensatz von Bedeutung und Gestalt und in den Übergang des einen in das andere gebracht ist.
So z. B. wird das phrygische, ägyptische Symbol, der Wolf, von seiner innewohnenden Bedeutung so abgetrennt, daß dieselbe zu einer vorhergehenden Existenz, wenn nicht der Sonne, doch eines Königs gemacht und die Wolfsexistenz als Folge einer Tat jener menschlichen Existenz vorgestellt wird. So sind auch im Gesang der Pieriden die ägyptischen Götter, der Widder, die Katze als solche Tiergestalten vorgestellt, in welche sich die mythischen griechischen Götter Jupiter, Venus usf. aus Angst versteckt haben.
Die Pieriden selber aber zur Strafe, daß sie mit ihrem Gesange den Musen zum Wettkampf gegenüberzutreten wagten, wurden in Spechte verwandelt.

Nach der anderen Seite hin müssen die Verwandlungen, um der näheren Bestimmung willen, welche der Inhalt, der die Bedeutung ausmacht, in sich trägt, ebensosehr auch von der Fabel unterschieden werden. In der Fabel nämlich ist die Verknüpfung des moralischen Satzes mit der natürlichen Begebenheit eine harmlose Verbindung, welche an dem Natürlichen nicht den vom Geist unterschiedenen Wert, ein nur Natürliches zu sein, hervorkehrt und so erst in die Bedeutung hereinnimmt. Obschon es auch einzelne Äsopische Fabeln gibt, die mit geringer Änderung zu Metamorphosen würden, wie z. B. die 42. Fabel von der Fledermaus, dem Dornstrauch und dem Taucher, deren Instinkte aus dem Unglücke in früheren Unternehmungen erklärt werden.

Hiermit haben wir diesen ersten Kreis der vergleichenden Kunstform, der seinen Ausgangspunkt von dem Vorhandenen und der konkreten Erscheinung nimmt, um von hier aus zu einer weiteren darin veranschaulichten Bedeutung fortzuschreiten, durchwandert.

 

 

 

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