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Inhalt - Übersicht

Einleitung

Erster Teil.
Die Idee des Kunstschönen oder das Ideal

Stellung der Kunst im Verhältnis zur endlichen Wirklichkeit und zur Religion und Philosophie

Zweiter Teil. Entwicklung des Ideals zu den besonderen Formen des Kunstschönen

Dritter Teil.
Das System der einzelnen Künste

Vom “Ende der Kunst” >

Wie nun aber die Kunst in der Natur und den endlichen Gebieten des Lebens ihr Vor hat, ebenso hat sie auch ein Nach, ...  >>>

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Vorlesungen über die Ästhetik
                          
(1835-1838)                                                              

   Inhalt - Übersicht       

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Erster Teil.
Die Idee des Kunstschönen oder das Ideal

Stellung der Kunst im Verhältnis zur endlichen Wirklichkeit
und zur Religion und Philosophie

Indem wir aus der Einleitung in die wissenschaftliche Betrachtung unseres Gegenstandes hineintreten, ist es vorerst die allgemeine Stellung des Kunstschönen im Gebiete der Wirklichkeit überhaupt sowie der Ästhetik im Verhältnis zu anderen philosophischen Disziplinen,
welche wir kurz zu bezeichnen haben, um den Punkt auszumachen, von welchem eine wahre Wissenschaft des Schönen ausgehen müsse.

Da könnte es zweckmäßig scheinen, zunächst von den verschiedenen Versuchen,
das Schöne denkend zu fassen, eine Erzählung zu geben und diese Versuche zu zergliedern und zu beurteilen.
Doch ist dies teils in der Einleitung bereits geschehen, teils kann es überhaupt einer wahrhaften Wissenschaftlichkeit nicht darauf ankommen, nur nachzusehen, was andere recht oder unrecht gemacht haben, oder von ihnen nur zu lernen.
Eher schon ließe sich umgekehrt noch einmal darüber ein Wort vorausschicken,
daß viele der Meinung sind, das Schöne ließe sich überhaupt, eben darum,
weil es das Schöne sei, nicht in Begriffe fassen und bleibe daher für das Denken ein unbegreiflicher Gegenstand. Auf solche Behauptung ist an dieser Stelle kurz zu erwidern,
daß, wenn auch heutigentags alles Wahre für unbegreiflich und nur die Endlichkeit der Erscheinung und die zeitliche Zufälligkeit für begreiflich ausgegeben wird,
gerade das Wahre allein schlechthin begreiflich ist, weil es den absoluten Begriff und näher die Idee zu seiner Grundlage hat.
Die Schönheit aber ist nur eine bestimmte Weise der Äußerung und Darstellung des Wahren und steht deshalb dem begreifenden Denken, wenn es wirklich mit der Macht des Begriffes ausgerüstet ist, durchaus nach allen Seiten hin offen.
Freilich ist es in neuerer Zeit keinem Begriffe schlechter gegangen als dem Begriffe selber,
dem Begriffe an und für sich, denn unter Begriff pflegt man gewöhnlich eine abstrakte Bestimmtheit und Einseitigkeit des Vorstellens oder des verständigen Denkens zu verstehen, mit welcher natürlich weder die Totalität des Wahren noch die in sich konkrete Schönheit denkend kann zum Bewußtsein gebracht werden.
Denn die Schönheit, wie bereits gesagt und später noch auszuführen ist, ist nicht solche Abstraktion des Verstandes, sondern der in sich selbst konkrete absolute Begriff und, bestimmter gefaßt,
die absolute Idee in ihrer sich selbst gemäßen Erscheinung.

Wenn wir, was die absolute Idee in ihrer wahrhaftigen Wirklichkeit sei, kurz bezeichnen wollen,
so müssen wir sagen, sie sei Geist, und zwar nicht etwa der Geist in seiner endlichen Befangenheit und Beschränktheit, sondern der allgemeine unendliche und absolute Geist, der aus sich selber bestimmt, was wahrhaft das Wahre ist. Fragen wir nur unser gewöhnliches Bewußtsein,
so drängt sich freilich vom Geist die Vorstellung auf, als ob er der Natur gegenüberstehe,
der wir dann die gleiche Würde zuschreiben.
Doch in diesem Nebeneinander und Bezogensein der Natur und des Geistes als gleich wesentlicher Gebiete ist der Geist nur in seiner Endlichkeit und Schranke, nicht in seiner Unendlichkeit und Wahrheit betrachtet.
Dem absoluten Geiste nämlich steht die Natur weder als von gleichem Werte noch als Grenze gegenüber, sondern erhält die Stellung, durch ihn gesetzt zu sein, wodurch sie ein Produkt wird, dem die Macht einer Grenze und Schranke genommen ist. Zugleich ist der absolute Geist nur als absolute Tätigkeit und damit als absolute Unterscheidung seiner in sich selbst zu fassen.
Dies Andere nun, als das er sich von sich unterscheidet, ist einerseits eben die Natur, und der Geist [ist] die Güte, diesem Anderen seiner selbst die ganze Fülle seines eigenen Wesens zu geben.
Die Natur haben wir deshalb selber als die absolute Idee in sich tragend zu begreifen,
aber sie ist die Idee in der Form, durch den absoluten Geist als das Andere des Geistes gesetzt zu sein.
Wir nennen sie insofern ein Geschaffenes. Ihre Wahrheit aber ist deshalb das Setzende selber,
der Geist als die Idealität und Negativität, indem er sich zwar in sich besondert und negiert,
aber diese Besonderung und Negation seiner als die durch ihn gesetzte ebenso aufhebt und,
statt darin eine Grenze und Schranke zu haben, mit seinem Anderen sich in freier Allgemeinheit mit sich selbst zusammenschließt.
Diese Idealität und unendliche Negativität macht den tiefen Begriff der Subjektivität des Geistes aus. Als Subjektivität nun aber ist der Geist zunächst nur erst an sich die Wahrheit der Natur, indem er seinen wahren Begriff noch nicht für sich selber gemacht hat.
Die Natur steht ihm somit nicht als das durch ihn gesetzte Andere, in welchem er zu sich selber zurückkehrt, gegenüber, sondern als unüberwundenes, beschränkendes Anderssein,
auf welches, als auf ein vorgefundenes Objekt, der Geist als das Subjektive in seiner Existenz des Wissens und Wollens bezogen bleibt und nur die andere Seite zur Natur zu bilden vermag.
In diese Sphäre fällt die Endlichkeit des theoretischen sowohl als des praktischen Geistes,
die Beschränktheit im Erkennen und das bloße Sollen im Realisieren des Guten.
Auch hier wie in der Natur ist die Erscheinung ihrem wahrhaften Wesen ungleich,
und wir erhalten noch den verwirrenden Anblick von Geschicklichkeiten, Leidenschaften,
Zwecken, Ansichten und Talenten, die sich suchen und fliehen, für- und gegeneinander arbeiten und sich durchkreuzen, während sich bei ihrem Wollen und Bestreben, Meinen und Denken die mannigfaltigsten Gestalten des Zufalls fördernd oder störend einmischen.
Dies ist der Standpunkt des nur endlichen, zeitlichen, widersprechenden und dadurch vergänglichen, unbefriedigten und unseligen Geistes.
Denn die Befriedigungen, die diese Sphäre bietet, sind in der Gestalt ihrer Endlichkeit selbst immer noch beschränkt und verkümmert, relativ und vereinzelt.
Der Blick, das Bewußtsein, Wollen und Denken erhebt sich deshalb über sie und sucht und findet seine wahre Allgemeinheit, Einheit und Befriedigung anderswo: im Unendlichen und Wahren.
Diese Einheit und Befriedigung, zu welcher die treibende Vernünftigkeit des Geistes den Stoff seiner Endlichkeit hinaufhebt, ist dann erst die wahre Enthüllung dessen, was die Erscheinungswelt ihrem Begriff nach ist.
Der Geist erfaßt die Endlichkeit selber als das Negative seiner und erringt sich dadurch seine Unendlichkeit. Diese Wahrheit des endlichen Geistes ist der absolute Geist.
- In dieser Form nun aber wird der Geist nur wirklich als absolute Negativität; er setzt in sich selber seine Endlichkeit und hebt sie auf. Dadurch macht er sich in seinem höchsten Gebiete für sich selbst zum Gegenstande seines Wissens und Wollens.
Das Absolute selber wird Objekt des Geistes, indem der Geist auf die Stufe des Bewußtseins tritt und sich in sich als Wissendes und diesem gegenüber als absoluter Gegenstand des Wissens unterscheidet. Von dem früheren Standpunkte der Endlichkeit des Geistes aus ist der Geist, der von dem Absoluten als gegenüberstehendem unendlichen Objekte weiß, dadurch als das davon unterschiedene Endliche bestimmt.
In der höheren spekulativen Betrachtung aber ist es der absolute Geist selber, der, um für sich das Wissen seiner selbst zu sein, sich in sich unterscheidet und dadurch die Endlichkeit des Geistes setzt, innerhalb welcher er sich absoluter Gegenstand des Wissens seiner selber wird.
So ist er absoluter Geist in seiner Gemeinde, das als Geist und Wissen seiner wirkliche Absolute.

Dies ist der Punkt, bei welchem wir in der Philosophie der Kunst zu beginnen haben.
Denn das Kunstschöne ist weder die logische Idee, der absolute Gedanke, wie er im reinen Elemente des Denkens sich entwickelt, noch ist es umgekehrt die natürliche Idee,
sondern es gehört dem geistigen Gebiete an, ohne jedoch bei den Erkenntnissen und Taten des endlichen Geistes stehenzubleiben.
Das Reich der schönen Kunst ist das Reich des absoluten Geistes.
Daß dies der Fall sei, können wir hier nur andeuten; der wissenschaftliche Beweis fällt den vorangehenden philosophischen Disziplinen anheim; der Logik, deren Inhalt die absolute Idee als solche ist, der Naturphilosophie wie der Philosophie der endlichen Sphären des Geistes.
Denn in diesen Wissenschaften hat sich darzutun, wie die logische Idee ihrem eigenen Begriff nach sich ebensosehr in das Dasein der Natur umzusetzen als aus dieser Äußerlichkeit zum Geist und aus der Endlichkeit desselben wiederum zum Geist in seiner Ewigkeit und Wahrheit zu befreien hat.

Aus diesem Standpunkte, welcher der Kunst in ihrer höchsten, wahrhaften Würde gebührt,
erhellt sogleich, daß sie mit Religion und Philosophie sich auf demselben Gebiete befindet.
In allen Sphären des absoluten Geistes enthebt der Geist sich den beengenden Schranken seines Daseins, indem er sich aus den zufälligen Verhältnissen seiner Weltlichkeit und dem endlichen Gehalte seiner Zwecke und Interessen zu der Betrachtung und dem Vollbringen seines Anundfürsichseins erschließt.

Diese Stellung der Kunst im Gesamtgebiete des natürlichen und geistigen Lebens können wir zum näheren Verständnis konkreter in folgender Weise auffassen.

Überblicken wir den totalen Inhalt unseres Daseins,
so finden wir schon in unserem gewöhnlichen Bewußtsein die größte Mannigfaltigkeit der Interessen und ihrer Befriedigung. Zunächst das weite System der physischen Bedürfnisse,
für welche die großen Kreise der Gewerbe in ihrem breiten Betrieb und Zusammenhang, Handel, Schiffahrt und die technischen Künste arbeiten; höher hinauf die Welt des Rechts, der Gesetze,
das Leben in der Familie, die Sonderung der Stände, das ganze umfassende Gebiet des Staats, sodann das Bedürfnis der Religion, das sich in jedem Gemüte findet und in dem kirchlichen Leben sein Genügen erhält; endlich die vielfach geschiedene und verschlungene Tätigkeit in der Wissenschaft, die Gesamtheit der Kenntnis und Erkenntnis, welche alles in sich faßt. Innerhalb dieser Kreise tut sich nun auch die Tätigkeit in der Kunst, das Interesse für die Schönheit und die geistige Befriedigung in deren Gebilden hervor.
Da fragt es sich nun nach der inneren Notwendigkeit solch eines Bedürfnisses im Zusammenhange der übrigen Lebens- und Weltgebiete.
Zunächst finden wir diese Sphären nur überhaupt als vorhandene vor.
Der wissenschaftlichen Forderung nach handelt es sich aber um die Einsicht in ihren wesentlichen inneren Zusammenhang und ihre wechselseitige Notwendigkeit.
Denn sie stehen nicht etwa nur im Verhältnis des bloßen Nutzens zueinander,
sondern vervollständigen sich, insofern in dem einen Kreise höhere Weisen der Tätigkeit liegen als in dem anderen; weshalb der untergeordnetere über sich selbst hinausdrängt und nun durch tiefere Befriedigung weitergreifender Interessen das ergänzt wird, was in einem früheren Gebiete keine Erledigung finden kann.
Erst dies gibt die Notwendigkeit eines inneren Zusammenhanges.

Erinnern wir uns desjenigen, was wir schon über den Begriff des Schönen und der Kunst festgestellt haben, so fanden wir darin Gedoppeltes: erstens einen Inhalt, einen Zweck, eine Bedeutung, sodann den Ausdruck, die Erscheinung und Realität dieses Inhalts, und beide Seiten drittens so voneinander durchdrungen, daß das Äußere, Besondere ausschließlich als Darstellung des Inneren erscheint.
Im Kunstwerk ist nichts vorhanden, als was wesentliche Beziehung auf den Inhalt hat und ihn ausdrückt.
Was wir den Inhalt, die Bedeutung nannten, ist das in sich Einfache, die Sache selbst auf ihre einfachsten, wenn auch umfassenden Bestimmungen zurückgebracht, im Unterschiede der Ausführung.
So läßt z. B. sich der Inhalt eines Buches in ein paar Worten oder Sätzen anzeigen,
und es darf nichts anderes im Buche vorkommen, als wovon im Inhalt das Allgemeine bereits angegeben ist.
Dies Einfache, dies Thema gleichsam, das die Grundlage für die Ausführung bildet,
ist das Abstrakte, die Ausführung dagegen erst das Konkrete.

Beide Seiten nun aber dieses Gegensatzes haben nicht die Bestimmung, gleichgültig und äußerlich nebeneinander zu bleiben - wie z. B. einer mathematischen Figur, Dreieck, Ellipse, als dem in sich einfachen Inhalt, in der äußeren Erscheinung die bestimmte Größe, Farbe usf. gleichgültig ist -, sondern die als bloßer Inhalt abstrakte Bedeutung hat in sich selbst die Bestimmung, zur Ausführung zu kommen und sich dadurch konkret zu machen.
Damit tritt wesentlich ein Sollen ein. Wie sehr auch ein Gehalt für sich selber gelten kann,
so sind wir doch mit dieser abstrakten Geltung nicht zufrieden und verlangen nach Weiterem. Zunächst ist dies nur ein unbefriedigtes Bedürfnis und im Subjekt als etwas Ungenügendes,
das sich aufzuheben und zur Befriedigung fortzuschreiten strebt.
Wir können in diesem Sinne sagen, der Inhalt sei zunächst subjektiv, ein nur Inneres,
dem gegenüber das Objektive steht, so daß nun die Forderung darauf hinausläuft, dies Subjektive zu objektivieren.
Solch ein Gegensatz des Subjektiven und der gegenüberliegenden Objektivität,
sowie das Sollen, ihn aufzuheben, ist eine schlechthin allgemeine Bestimmung, welche sich durch alles hindurchzieht.
Schon unsere physische Lebendigkeit und mehr noch die Welt unserer geistigen Zwecke und Interessen beruht auf der Forderung, was zunächst nur subjektiv und innerlich da ist, durchzuführen durch die Objektivität und dann erst in diesem vollständigen Dasein sich befriedigt zu finden.
Indem nun der Inhalt der Interessen und Zwecke zunächst nur in der einseitigen Form des Subjektiven vorhanden und die Einseitigkeit eine Schranke ist, erweist sich dieser Mangel zugleich als eine Unruhe, ein Schmerz, als etwas Negatives, das sich als Negatives aufzuheben hat und deshalb, dem empfundenen Mangel abzuhelfen, die gewußte, gedachte Schranke zu überschreiten treibt.
Und zwar nicht in dem Sinne, daß dem Subjektiven überhaupt nur die andere Seite, das Objektive, abgehe, sondern in dem bestimmteren Zusammenhange, daß dies Fehlen im Subjektiven selbst und für dasselbe ein Mangel und eine Negation in ihm selber sei, welche es wieder zu negieren strebt.
An sich selbst nämlich, seinem Begriffe nach, ist das Subjekt das Totale, nicht das Innere allein, sondern ebenso auch die Realisation dieses Inneren am Äußeren und in demselben. Existiert es nun einseitig nur in der einen Form, so gerät es dadurch gerade in den Widerspruch, dem Begriff nach das Ganze, seiner Existenz nach aber nur die eine Seite zu sein.
Erst durch das Aufheben solcher Negation in sich selbst wird sich daher das Leben affirmativ. Diesen Prozeß des Gegensatzes, Widerspruches und der Lösung des Widerspruches durchzumachen ist das höhere Vorrecht lebendiger Naturen; was von Hause aus nur affirmativ ist und bleibt, ist und bleibt ohne Leben.
Das Leben geht zur Negation und deren Schmerz fort und ist erst durch die Tilgung des Gegensatzes und Widerspruches für sich selbst affirmativ. Bleibt es freilich beim bloßen Widerspruche, ohne ihn zu lösen, stehen, dann geht es an dem Widerspruch zugrunde.

Dies wären, in ihrer Abstraktion betrachtet, die Bestimmungen, deren wir an dieser Stelle bedürfen.

Den höchsten Inhalt nun, welchen das Subjektive in sich zu befassen vermag, können wir kurzweg die Freiheit nennen.
Die Freiheit ist die höchste Bestimmung des Geistes. Zunächst ihrer ganz formellen Seite nach besteht sie darin,
daß das Subjekt in dem, was demselben gegenübersteht, nichts Fremdes, keine Grenze und Schranke hat, sondern sich selber darin findet.
Schon dieser formellen Bestimmung nach ist dann alle Not und jedes Unglück verschwunden,
das Subjekt mit der Welt ausgesöhnt,
in ihr befriedigt und jeder Gegensatz und Widerspruch gelöst.
Näher aber hat die Freiheit das Vernünftige überhaupt zu ihrem Gehalte: die Sittlichkeit z. B. im Handeln, die Wahrheit im Denken.
Indem nun aber die Freiheit selbst zunächst nur subjektiv und nicht ausgeführt ist,
steht dem Subjekt das Unfreie, das nur Objektive als die Naturnotwendigkeit gegenüber,
und es entsteht sogleich die Forderung, diesen Gegensatz zur Versöhnung zu bringen.
Auf der anderen Seite findet sich im Inneren und Subjektiven selbst ein ähnlicher Gegensatz.
Zur Freiheit gehört einerseits das in sich selbst Allgemeine und Selbständige, die allgemeinen Gesetze des Rechts, des Guten, Wahren usf., auf der anderen Seite stellen sich die Triebe des Menschen, die Empfindungen, die Neigungen, Leidenschaften und alles, was das konkrete Herz des Menschen als einzelnen in sich faßt.
Auch dieser Gegensatz geht zum Kampfe, zum Widerspruche fort, und in diesem Streite entsteht dann alle Sehnsucht, der tiefste Schmerz, die Plage und Befriedigungslosigkeit überhaupt.
Die Tiere leben in Frieden mit sich und den Dingen um sie her, doch die geistige Natur des Menschen treibt die Zweiheit und Zerrissenheit hervor, in deren Widerspruch er sich herumschlägt. Denn in dem Innern als solchem, in dem reinen Denken, in der Welt der Gesetze und deren Allgemeinheit kann der Mensch nicht aushalten, sondern bedarf auch des sinnlichen Daseins, des Gefühls, Herzens, Gemüts usf.
Die Philosophie denkt den Gegensatz, der dadurch hereinkommt, wie er ist, seiner durchgreifenden Allgemeinheit nach und geht auch zur Aufhebung desselben in gleich allgemeiner Weise fort;
der Mensch aber in der Unmittelbarkeit des Lebens dringt auf eine unmittelbare Befriedigung. Solche Befriedigung durch das Auflösen jenes Gegensatzes finden wir am nächsten im System der sinnlichen Bedürfnisse. Hunger, Durst, Müdigkeit, Essen, Trinken, Sattigkeit, Schlaf usf. sind in dieser Sphäre Beispiele solch eines Widerspruchs und seiner Lösung.
Doch in diesem Naturgebiete des menschlichen Daseins ist der Inhalt der Befriedigungen endlicher und beschränkter Art; die Befriedigung ist nicht absolut und geht deshalb auch zu neuer Bedürftigkeit rastlos wieder fort; das Essen, die Sättigung, das Schlafen hilft nichts, der Hunger, die Müdigkeit fangen morgen von vorn wieder an.
Weiter sodann im Elemente des Geistigen erstrebt der Mensch eine Befriedigung und Freiheit im Wissen und Wollen, in Kenntnissen und Handlungen.
Der Unwissende ist unfrei, denn ihm gegenüber steht eine fremde Welt, ein Drüben und Draußen, von welchem er abhängt, ohne daß er diese fremde Welt für sich selber gemacht hätte und dadurch in ihr als in dem Seinigen bei sich selber wäre.
Der Trieb der Wißbegierde, der Drang nach Kenntnis, von der untersten Stufe an bis zur höchsten Staffel philosophischer Einsicht hinauf, geht nur aus dem Streben hervor,
jenes Verhältnis der Unfreiheit aufzuheben und sich die Welt in der Vorstellung und im Denken zu eigen zu machen.
In der umgekehrten Weise geht die Freiheit im Handeln darauf aus, daß die Vernunft des Willens Wirklichkeit erlange.
Diese Vernunft verwirklicht der Wille im Staatsleben.
Im wahrhaft vernünftig gegliederten Staat sind alle Gesetze und Einrichtungen nichts als eine Realisation der Freiheit nach deren wesentlichen Bestimmungen.
Ist dies der Fall, so findet die einzelne Vernunft in diesen Institutionen nur die Wirklichkeit ihres eigenen Wesens und geht, wenn sie diesen Gesetzen gehorcht, nicht mit dem ihr Fremden,
sondern nur mit ihrem Eigenen zusammen. Willkür heißt man zwar oft gleichfalls Freiheit;
doch Willkür ist nur die unvernünftige Freiheit, das Wählen und Selbstbestimmen nicht aus der Vernunft des Willens, sondern aus zufälligen Trieben und deren Abhängigkeit von Sinnlichem und Äußerem.

Die physischen Bedürfnisse, das Wissen und Wollen des Menschen erhalten nun also in der Tat eine Befriedigung in der Welt und lösen den Gegensatz von Subjektivem und Objektivem,
von innerer Freiheit und äußerlich vorhandener Notwendigkeit in freier Weise auf.
Der Inhalt aber dieser Freiheit und Befriedigung bleibt dennoch beschränkt,
und so behält auch die Freiheit und das Sichselbstgenügen eine Seite der Endlichkeit.
Wo aber Endlichkeit ist, da bricht auch der Gegensatz und Widerspruch stets wieder von neuem durch, und die Befriedigung kommt über das Relative nicht hinaus. Im Recht und seiner Wirklichkeit z. B. ist zwar meine Vernünftigkeit, mein Wille und dessen Freiheit anerkannt,
ich gelte als Person und werde als solche respektiert; ich habe Eigentum, und es soll mir zu eigen bleiben; kommt es in Gefahr, so verschafft mir das Gericht mein Recht.
Diese Anerkennung aber und Freiheit betrifft nur immer wieder einzelne relative Seiten und deren einzelne Objekte: dies Haus, diese Summe Geldes, dies bestimmte Recht, Gesetz usf., diese einzelne Handlung und Wirklichkeit.
Was das Bewußtsein darin vor sich hat, sind Einzelheiten, welche sich wohl zueinander verhalten und eine Gesamtheit der Beziehungen ausmachen, aber in selbst nur relativen Kategorien und unter mannigfachen Bedingnissen, bei deren Herrschaft die Befriedigung ebensosehr momentan eintreten als auch ausbleiben kann.
Nun bildet zwar weiter hinauf das Staatsleben als Ganzes eine in sich vollendete Totalität; Fürst, Regierung, Gerichte, Militär, Einrichtung der bürgerlichen Gesellschaft, Geselligkeit usf.,
die Rechte und Pflichten, die Zwecke und ihre Befriedigung, die vorgeschriebenen Handlungsweisen, die Leistungen, wodurch dies Ganze seine stete Wirklichkeit bewerkstelligt und behält - dieser gesamte Organismus ist in einem echten Staate rund, vollständig und ausgeführt in sich.
Das Prinzip selbst aber, als dessen Wirklichkeit das Staatsleben da ist und worin der Mensch seine Befriedigung sucht, ist, wie mannigfaltig es auch in seiner inneren und äußeren Gliederung sich entfalten mag, dennoch ebensosehr wieder einseitig und abstrakt in sich selbst.
Es ist nur die vernünftige Freiheit des Willens, welche darin sich expliziert; es ist nur der Staat,
und wiederum nur dieser einzelne Staat, und dadurch selbst wieder eine besondere Sphäre des Daseins und deren vereinzelte Realität, in welcher die Freiheit wirklich wird.
So fühlt der Mensch auch, daß die Rechte und Verpflichtungen in diesen Gebieten und ihrer weltlichen und selbst wieder endlichen Weise des Daseins nicht ausreichend sind;
daß sie in ihrer Objektivität wie in Beziehung auf das Subjekt noch einer höheren Bewährung und Sanktionierung bedürfen.

Was der in dieser Beziehung von allen Seiten her in Endlichkeit verstrickte Mensch sucht,
ist die Region einer höheren substantielleren Wahrheit, in welcher alle Gegensätze und Widersprüche des Endlichen ihre letzte Lösung und die Freiheit ihre volle Befriedigung finden können.
Dies ist die Region der Wahrheit an sich selbst, nicht des relativ Wahren.
Die höchste Wahrheit, die Wahrheit als solche, ist die Auflösung des höchsten Gegensatzes und Widerspruchs. In ihr hat der Gegensatz von Freiheit und Notwendigkeit, von Geist und Natur,
von Wissen und Gegenstand, Gesetz und Trieb, der Gegensatz und Widerspruch überhaupt, welche Form er auch annehmen möge, als Gegensatz und Widerspruch keine Geltung und Macht mehr.
Durch sie erweist sich, daß weder die Freiheit für sich als subjektive, abgesondert von der Notwendigkeit, absolut ein Wahres sei, noch ebenso der Notwendigkeit, für sich isoliert, Wahrhaftigkeit dürfe zugeschrieben werden.
Das gewöhnliche Bewußtsein dagegen kommt über diesen Gegensatz nicht hinaus und verzweifelt entweder in dem Widerspruch oder wirft ihn fort und hilft sich sonst auf andere Weise.
Die Philosophie aber tritt mitten in die sich widersprechenden Bestimmungen hinein, erkennt sie ihrem Begriff nach, d. h. als in ihrer Einseitigkeit nicht absolut, sondern sich auflösend, und setzt sie in die Harmonie und Einheit, welche die Wahrheit ist. Diesen Begriff der Wahrheit zu fassen, ist die Aufgabe der Philosophie.
Nun erkennt zwar die Philosophie den Begriff in allem und ist dadurch allein begreifendes, wahrhaftiges Denken, doch ein anderes ist der Begriff, die Wahrheit an sich und die ihr entsprechende oder nichtentsprechende Existenz.
In der endlichen Wirklichkeit erscheinen die Bestimmungen, welche der Wahrheit zugehören, als ein Außereinander, als eine Trennung dessen, was seiner Wahrheit nach untrennbar ist.
So ist das Lebendige z. B. Individuum, tritt aber als Subjekt ebensosehr in Gegensatz gegen eine umgebende unorganische Natur. Nun enthält der Begriff allerdings diese Seiten, doch als ausgesöhnte; die endliche Existenz aber treibt sie auseinander und ist dadurch eine dem Begriff und der Wahrheit ungemäße Realität. In dieser Weise ist der Begriff wohl überall; der Punkt jedoch, auf welchen es ankommt, besteht darin, ob der Begriff auch seiner Wahrheit nach in dieser Einheit wirklich wird, in welcher die besonderen Seiten und Gegensätze in keiner realen Selbständigkeit und Festigkeit gegeneinander verharren, sondern nur noch als ideelle, zu freiem Einklang versöhnte Momente gelten.
Die Wirklichkeit dieser höchsten Einheit erst ist die Region der Wahrheit,
Freiheit und Befriedigung. 
Wir können das Leben in dieser Sphäre, diesen Genuß der Wahrheit, welcher als Empfindung Seligkeit, als Denken Erkenntnis ist, im allgemeinen als das Leben in der Religion bezeichnen.
Denn die Religion ist die allgemeine Sphäre, in welcher die eine konkrete Totalität dem Menschen als sein eigenes Wesen und als das der Natur zum Bewußtsein kommt und diese eine wahrhaftige Wirklichkeit allein sich ihm als die höchste Macht über das Besondere und Endliche erweist, durch welche alles sonst Zertrennte und Entgegengesetzte zur höheren und absoluten Einheit zurückgebracht wird.

Durch die Beschäftigung mit dem Wahren als dem absoluten Gegenstande des Bewußtseins gehört nun auch die Kunst der absoluten Sphäre des Geistes an und steht deshalb mit der Religion im spezielleren Sinne des Worts wie mit der Philosophie ihrem Inhalte nach auf ein und demselben Boden. Denn auch die Philosophie hat keinen anderen Gegenstand als Gott und ist so wesentlich rationelle Theologie und als im Dienste der Wahrheit fortdauernder Gottesdienst.

Bei dieser Gleichheit des Inhalts sind die drei Reiche des absoluten Geistes nur durch die Formen unterschieden, in welchen sie ihr Objekt, das Absolute, zum Bewußtsein bringen.

Die Unterschiede dieser Formen liegen im Begriff des absoluten Geistes selber.
Der Geist als wahrer Geist ist an und für sich und dadurch kein der Gegenständlichkeit abstraktjenseitiges Wesen, sondern innerhalb derselben im endlichen Geiste die Erinnerung des Wesens aller Dinge: das Endliche in seiner Wesentlichkeit sich ergreifend und somit selber wesentlich und absolut.
Die erste Form nun dieses Erfassens ist ein unmittelbares und eben darum sinnliches Wissen, ein Wissen in Form und Gestalt des Sinnlichen und Objektiven selber, in welchem das Absolute zur Anschauung und Empfindung kommt. Die zweite Form sodann ist das vorstellende Bewußtsein, die dritte endlich das freie Denken des absoluten Geistes.

1. Die Form der sinnlichen Anschauung nun gehört der Kunst an, so daß die Kunst es ist, welche die Wahrheit in Weise sinnlicher Gestaltung für das Bewußtsein hinstellt, und zwar einer sinnlichen Gestaltung, welche in dieser ihrer Erscheinung selbst einen höheren, tieferen Sinn und Bedeutung hat, ohne jedoch durch das sinnliche Medium hindurch den Begriff als solchen in seiner Allgemeinheit erfaßbar machen zu wollen;
denn gerade die Einheit desselben mit der individuellen Erscheinung ist das Wesen des Schönen und dessen Produktion durch die Kunst.
Nun vollbringt sich diese Einheit allerdings in der Kunst auch im Elemente der Vorstellung und nicht nur in dem sinnlicher Äußerlichkeit, besonders in der Poesie; doch auch in dieser geistigsten Kunst ist die Einigung von Bedeutung und individueller Gestaltung derselben
- wenn auch für das vorstellende Bewußtsein vorhanden und jeder Inhalt in unmittelbarer Weise gefaßt und an die Vorstellung gebracht. Überhaupt ist sogleich festzustellen,
daß die Kunst, da sie das Wahre, den Geist zu ihrem eigentlichen Gegenstande hat, die Anschauung desselben nicht durch die besonderen Naturgegenstände als solche,
durch Sonne z. B., Mond, Erde, Gestirne usw., zu geben vermag. Dergleichen sind freilich sinnliche Existenzen, aber vereinzelte, welche für sich genommen die Anschauung des Geistigen nicht gewähren.

Wenn wir der Kunst nun diese absolute Stellung geben, so lassen wir dadurch ausdrücklich die oben bereits erwähnte Vorstellung beiseite liegen, welche die Kunst als zu vielfach anderweitigem Inhalt und sonstigen ihr fremden Interessen brauchbar annimmt.
Dagegen bedient sich die Religion häufig genug der Kunst, um die religiöse Wahrheit näher an die Empfindung zu bringen oder für die Phantasie zu verbildlichen, und dann steht die Kunst allerdings in dem Dienste eines von ihr unterschiedenen Gebiets.
Wo die Kunst jedoch in ihrer höchsten Vollendung vorhanden ist, da enthält sie gerade in ihrer bildlichen Weise die dem Gehalt der Wahrheit entsprechendste und wesentlichste Art der Exposition.
So war bei den Griechen z. B. die Kunst die höchste Form, in welcher das Volk die Götter sich vorstellte und sich ein Bewußtsein von der Wahrheit gab.
Darum sind die Dichter und Künstler den Griechen die Schöpfer ihrer Götter geworden,
d. h. die Künstler haben der Nation die bestimmte Vorstellung vom Tun, Leben, Wirken des Göttlichen, also den bestimmten Inhalt der Religion gegeben.
Und zwar nicht in der Art, daß diese Vorstellungen und Lehren bereits vor der Poesie in abstrakter Weise des Bewußtseins als allgemeine religiöse Sätze und Bestimmungen des Denkens vorhanden gewesen und von den Künstlern sodann erst in Bilder eingekleidet und mit dem Schmuck der Dichtung äußerlich umgeben worden wären,
sondern die Weise des künstlerischen Produzierens war die, daß jene Dichter, was in ihnen gärte, nur in dieser Form der Kunst und Poesie herauszuarbeiten vermochten.
Auf anderen Stufen des religiösen Bewußtseins, auf welchen der religiöse Gehalt sich der künstlerischen Darstellung weniger zugänglich zeigt, behält die Kunst in dieser Beziehung einen beschränkteren Spielraum.

Dies wäre die ursprüngliche, wahre Stellung der Kunst als nächste unmittelbare Selbstbefriedigung des absoluten Geistes.

Wie nun aber die Kunst in der Natur und den endlichen Gebieten des Lebens ihr Vor hat, ebenso hat sie auch ein Nach, d. h. einen Kreis, der wiederum ihre Auffassungs- und Darstellungsweise des Absoluten überschreitet.
Denn die Kunst hat noch in sich selbst eine Schranke und geht deshalb in höhere Formen des Bewußtseins über.
Diese Beschränkung bestimmt denn auch die Stellung, welche wir jetzt in unserem heutigen Leben der Kunst anzuweisen gewohnt sind.
Uns gilt die Kunst nicht mehr als die höchste Weise, in welcher die Wahrheit sich Existenz verschafft.
Im ganzen hat sich der Gedanke früh schon gegen die Kunst als versinnlichende Vorstellung des Göttlichen gerichtet, bei den Juden und Mohammedanern z. B., ja selbst bei den Griechen, wie schon Platon sich stark genug gegen die Götter des Homer und Hesiod opponierte.
Bei fortgehender Bildung tritt überhaupt bei jedem Volke eine Zeit ein, in welcher die Kunst über sich selbst hinausweist. So haben z. B. die historischen Elemente des Christentums, Christi Erscheinen, sein Leben und Sterben, der Kunst als Malerei vornehmlich mannigfaltige Gelegenheit sich auszubilden gegeben, und die Kirche selbst hat die Kunst großgezogen oder gewähren lassen; als aber der Trieb des Wissens und Forschens und das Bedürfnis innerer Geistigkeit die Reformation hervortrieben, ward auch die religiöse Vorstellung von dem sinnlichen Elemente abgerufen und auf die Innerlichkeit des Gemüts und Denkens zurückgeführt.
In dieser Weise besteht das Nach der Kunst darin,
daß dem Geist das Bedürfnis einwohnt, sich nur in seinem eigenen Innern als der wahren Form für die Wahrheit zu befriedigen.
Die Kunst in ihren Anfängen läßt noch Mysteriöses, ein geheimnisvolles Ahnen und eine Sehnsucht übrig, weil ihre Gebilde noch ihren vollen Gehalt nicht vollendet für die bildliche Anschauung herausgestellt haben.
Ist aber der vollkommene Inhalt vollkommen in Kunstgestalten hervorgetreten,
so wendet sich der weiterblickende Geist von dieser Objektivität in sein Inneres zurück und stößt sie von sich fort. Solch eine Zeit ist die unsrige.
Man kann wohl hoffen, daß die Kunst immer mehr steigen und sich vollenden werde,
aber ihre Form hat aufgehört, das höchste Bedürfnis des Geistes zu sein.
Mögen wir die griechischen Götterbilder noch so vortrefflich finden und Gottvater, Christus, Maria noch so würdig und vollendet dargestellt sehen - es hilft nichts, unser Knie beugen wir doch nicht mehr.

2. Das nächste Gebiet nun, welches das Reich der Kunst überragt, ist die Religion.
Die Religion hat die Vorstellung zur Form ihres Bewußtseins, indem das Absolute aus der Gegenständlichkeit der Kunst in die Innerlichkeit des Subjekts hineinverlegt und nun für die Vorstellung auf subjektive Weise gegeben ist, so daß Herz und Gemüt, überhaupt die innere Subjektivität, ein Hauptmoment werden.
Diesen Fortschritt von der Kunst zur Religion kann man so bezeichnen,
daß man sagt, die Kunst sei für das religiöse Bewußtsein nur die eine Seite.
Wenn nämlich das Kunstwerk die Wahrheit, den Geist als Objekt in sinnlicher Weise hinstellt und diese Form des Absoluten als die gemäße ergreift, so bringt die Religion die Andacht des zu dem absoluten Gegenstande sich verhaltenden Inneren hinzu.
Denn der Kunst als solcher gehört die Andacht nicht an. Sie kommt erst dadurch hervor,
daß nun das Subjekt eben dasjenige, was die Kunst als äußere Sinnlichkeit objektiv macht,
 in das Gemüt eindringen läßt und sich so damit identifiziert, daß diese innere Gegenwart in Vorstellung und Innigkeit der Empfindung das wesentliche Element für das Dasein des Absoluten wird.
Die Andacht ist dieser Kultus der Gemeinde in seiner reinsten, innerlichsten, subjektivsten Form; ein Kultus, in welchem die Objektivität gleichsam verzehrt und verdaut und deren Inhalt nun ohne diese Objektivität zum Eigentum des Herzens und Gemüts geworden ist.

3. Die dritte Form endlich des absoluten Geistes ist die Philosophie.
Denn die Religion, in welcher Gott zunächst dem Bewußtsein ein äußerer Gegenstand ist,
indem erst gelehrt werden muß, was Gott sei und wie er sich geoffenbart habe und offenbare, versiert sodann zwar im Elemente des Inneren, treibt und erfüllt die Gemeinde; aber die Innerlichkeit der Andacht des Gemüts und der Vorstellung ist nicht die höchste Form der Innerlichkeit.
Als diese reinste Form des Wissens ist das freie Denken anzuerkennen, in welchem die Wissenschaft sich den gleichen Inhalt zum Bewußtsein bringt und dadurch zu jenem geistigen Kultus wird, der sich durch systematisches Denken dasjenige aneignet und das begreift,
was sonst nur Inhalt subjektiver Empfindung oder Vorstellung ist.
In solcher Weise sind in der Philosophie die beiden Seiten der Kunst und Religion vereinigt:
die Objektivität der Kunst, welche hier zwar die äußere Sinnlichkeit verloren,
aber deshalb mit der höchsten Form des Objektiven, mit der Form des Gedankens vertauscht hat, und die Subjektivität der Religion, welche zur Subjektivität des Denkens gereinigt ist.
Denn das Denken einerseits ist die innerste, eigenste Subjektivität, und der wahre Gedanke, die Idee, zugleich die sachlichste und objektivste Allgemeinheit, welche erst im Denken sich in der Form ihrer selbst erfassen kann.

Mit dieser Andeutung des Unterschiedes von Kunst, Religion und Wissenschaft müssen wir uns hier begnügen.

Die sinnliche Weise des Bewußtseins ist die frühere für den Menschen, und so waren
denn auch die früheren Stufen der Religion eine Religion der Kunst und ihrer sinnlichen Darstellung. Erst in der Religion des Geistes ist Gott als Geist nun auch auf höhere, dem Gedanken entsprechendere Weise gewußt, womit sich zugleich hervorgetan, daß die Manifestation der Wahrheit in sinnlicher Form dem Geiste nicht wahrhaft angemessen sei.

Nachdem wir jetzt die Stellung kennen, welche die Kunst im Gebiete des Geistes und welche die Philosophie der Kunst unter den besonderen philosophischen Disziplinen einnimmt, haben wir in diesem allgemeinen Teil zuerst die allgemeine Idee des Kunstschönen zu betrachten.

Um jedoch zur Idee des Kunstschönen ihrer Totalität nach zu gelangen, müssen wir selbst wieder drei Stufen durchlaufen:

Die erste nämlich beschäftigt sich mit dem Begriff des Schönen überhaupt;

die zweite mit dem Naturschönen, dessen Mängel die Notwendigkeit des Ideals als des Kunstschönen dartun werden;

die dritte Stufe hat das Ideal in seiner Verwirklichung als die Kunstdarstellung desselben im Kunstwerke zum Gegenstande der Betrachtung

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Wie nun aber die Kunst in der Natur und den endlichen Gebieten des Lebens ihr Vor hat, ebenso hat sie auch ein Nach, ...  >>>

Das Verwachsensein mit solcher spezifischen Beschränktheit des Inhalts endlich hob der Humor,

der alle Bestimmtheit wankend zu machen und zu lösen wußte, wieder auf und ließ die Kunst dadurch über sich selbst hinausgehen.

In diesem Hinausgehen jedoch der Kunst über sich selber ist sie ebensosehr ein Zurückgehen des Menschen in sich selbst, ein Hinabsteigen in seine eigene Brust, wodurch die Kunst alle feste Beschränkung auf einen bestimmten Kreis des Inhalts und der Auffassung von sich abstreife und zu ihrem neuen Heiligen den Humanus macht, die Tiefen und Höhen des menschlichen Gemüts als solchen, das Allgemeinmenschliche in seinen  Freuden und Leiden, seinen Bestrebungen, Taten und Schicksalen.

Hiermit erhält der Künstler seinen Inhalt an ihm selber und ist der wirklich sich selbst bestimmende, die Unendlichkeit seiner Gefühle und Situationen betrachtende, ersinnende und ausdrückende Menschengeist, dem nichts mehr fremd ist, was in der Menschenbrust lebendig werden kann.    >>>

 

>Begriff des Schönen überhaupt

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