b. Das Bild
Zwischen Metapher auf der einen und Gleichnis auf der anderen Seite kann man das Bild setzen. Denn es hat mit der Metapher so genaue Verwandtschaft, daß es eigentlich nur eine ausführliche Metapher ist - welche dadurch nun auch wieder mit der Vergleichung große Ähnlichkeit erhält, jedoch mit dem Unterschiede, daß beim Bildlichen als solchem die Bedeutung nicht für sich selbst heraus- und der mit ihr ausdrücklich verglichenen konkreten Äußerlichkeit gegenübergestellt ist. Das Bild findet besonders statt, wenn zwei für sich genommen mehr selbständige Erscheinungen oder Zustände in eins gesetzt werden, so daß der eine Zustand die Bedeutung abgibt, welche durch das Bild des anderen faßbar gemacht wird. Das erste, die Grundbestimmung, macht hier also das Fürsichsein, die Absonderung der verschiedenen Sphären aus, denen die Bedeutung und ihr Bild entnommen ist; und das Gemeinschaftliche, die Eigenschaften, Verhältnisse usf. sind nicht wie im Symbol das unbestimmte Allgemeine und Substantielle selbst, sondern die fest bestimmte konkrete Existenz auf der einen wie auf der andern Seite.
α) In dieser Beziehung kann das Bild einen ganzen Verlauf von Zuständen, Tätigkeiten, Hervorbringungen, Weisen der Existenz usf. zu seiner Bedeutung haben und dieselbe durch den ähnlichen Verlauf aus einem selbständigen, aber verwandten Kreise veranschaulichen, ohne die Bedeutung als solche innerhalb des Bildes selbst zur Sprache zu bringen. Von dieser Art z. B. ist das Goethesche Gedicht "Mahomets Gesang". Nur die Aufschrift zeigt es an, daß uns hier in dem Bilde eines Felsenquells, der jünglingsfrisch sich über Klippen in die Tiefe stürzt, mit herzusprudelnden Quellen und Bächen in die Ebene heraustritt, Bruderströme aufnimmt, Ländern den Namen gibt, Städte unter seinem Fuße werden sieht, bis er all diese Herrlichkeiten, seine Brüder, seine Schätze, seine Kinder dem erwartenden Erzeuger freudebrausend an das Herz trägt, - daß in diesem weiten, glänzenden Bilde eines mächtigen Stroms Mahomets kühnes Auftreten, die rasche Verbreitung seiner Lehre, die beabsichtigte Aufnahme aller Völker in den einen Glauben treffend dargestellt sei. Von der ähnlichen Art sind auch viele der Goetheschen und Schillerschen Xenien, zum Teil bittere, zum Teil lustige Worte an das Publikum und die Autoren. So heißt es z. B.:
Stille kneteten wir Salpeter, Kohlen und Schwefel, Bohrten Röhren; gefall nun auch das Feuerwerk euch! Einige steigen als leuchtende Kugeln und andere zünden, Manche auch werfen wir nur, spielend das Aug zu erfreun.
Viele sind in der Tat Brandraketen und haben verdrossen zur unendlichen Ergötzlichkeit des besseren Teils des Publikums, der sich freute, als das mittlere und schlechte Gesindel, das sich lange breitgesetzt und das große Wort gehabt, tüchtig aufs Maul geschlagen und ihm der Leib mit kaltem Wasser übergossen wurde.
β) In diesen letzteren Beispielen zeigt sich jedoch bereits eine zweite Seite, welche in Rücksicht auf das Bildliche herauszuheben ist. Der Inhalt nämlich ist hier ein Subjekt, das handelt, Gegenstände hervorbringt, Zustände durchlebt und nun nicht als Subjekt, sondern nur in Rücksicht auf das, was es tut, wirkt, was ihm begegnet, verbildlicht wird. Es selbst als Subjekt dagegen wird bildlos eingeführt, und nur seine eigentlichen Handlungen und Verhältnisse erhalten die Form des uneigentlichen Ausdrucks. Auch hier, wie beim Bilde überhaupt, ist nicht die ganze Bedeutung von ihrer Einkleidung abgesondert, sondern das Subjekt allein ist für sich herausgestellt, während der bestimmte Inhalt desselben sogleich bildliche Gestalt gewinnt, so daß also das Subjekt in der Weise vorgestellt ist, als ob es selbst die Gegenstände und Handlungen in dieser ihrer bildlichen Existenz zustande brächte. Dem ausdrücklich genannten Subjekt wird Metaphorisches zugeschrieben. Man hat diese Vermischung des Eigentlichen und Uneigentlichen häufig getadelt, aber die Gründe für diesen Tadel sind schwach.
γ) Besonders die Orientalen zeigen in dieser Art des Bildlichen große Kühnheit, indem sie gegeneinander ganz selbständige Existenzen zu einem Bilde zusammenbinden und durcheinanderschlingen. So sagt Hafis z. B. einmal: "Der Weltlauf ist ein blutiger Stahl, die Tropfen, welche herunterfallen, sind Kronen." Und an einer anderen Stelle: "Das Sonnenschwert gießt im Morgenrote aus das Blut der Nacht, über welche es den Sieg errungen hat." Ebenso heißt es: "Niemand hat noch wie Hafis den Schleier von den Wangen der Gedanken fortgezogen, seitdem man die Lockenspitzen gekräuselt hat der Bräute des Worts." Der Sinn dieses Bildes scheint der zu sein: der Gedanke ist die Braut des Worts (wie Klopstock z. B. das Wort den Zwillingsbruder des Gedankens nennt), und seitdem man nun diese Braut in gekräuselten Worten geschmückt hat, war keiner fähiger als Hafis, den so geschmückten Gedanken klar in seiner unverhüllten Schönheit hervortreten zu lassen.
|