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Inhalt - Übersicht

Einleitung

Erster Teil.
Die Idee des Kunstschönen oder das Ideal

Stellung der Kunst im Verhältnis zur endlichen Wirklichkeit und zur Religion und Philosophie

Zweiter Teil. Entwicklung des Ideals zu den besonderen Formen des Kunstschönen

Dritter Teil.
Das System der einzelnen Künste

Vom “Ende der Kunst” >

Wie nun aber die Kunst in der Natur und den endlichen Gebieten des Lebens ihr Vor hat, ebenso hat sie auch ein Nach, ...  >>>

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Vorlesungen über die Ästhetik
                          
(1835-1838)                                                              

   Inhalt - Übersicht       

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b. Kollisionen der Liebe                                           Zufälligkeit der Liebe    >>>

Näher nun teilt sich das weltliche Interesse überhaupt in zwei Seiten, indem auf der einen die Weltlichkeit als solche steht, Familienleben, Staatsverband, Bürgertum, Gesetz, Recht, Sitte usf., und diesem für sich festen Dasein gegenüber in edleren, feurigen Gemütern die Liebe aufkeimt, diese weltliche Religion der Herzen, welche sich bald mit der Religion in jeder Weise vereinigt, bald dieselbe unter sich stellt, sie vergißt und, indem sie sich allein zu der wesentlichen, ja der einzigen oder höchsten Angelegenheit des Lebens macht, nicht nur allem übrigen zu entsagen und mit dem Geliebten in eine Wüste zu fliehen sich entschließen kann, sondern in ihrem - dann freilich unschönen - Extrem bis zur unfreien, knechtischen, hündischen Aufopferung der Würdigkeit des Menschen, wie z. B. im Käthchen von Heilbronn, fortgeht.
Durch diese Zerscheidung nun sind die Zwecke der Liebe in der konkreten Wirklichkeit nicht ohne Kollisionen auszuführen, denn außer der Liebe machen auch die übrigen Lebensverhältnisse ihre Forderungen und Rechte geltend und können dadurch die Leidenschaft der Liebe in ihrer Alleinherrschaft verletzen.

α) Die erste, häufigste Kollision, deren wir in dieser Rücksicht zu erwähnen haben, ist der Konflikt der Ehre und Liebe.
Die Ehre nämlich hat ihrerseits dieselbe Unendlichkeit als die Liebe und kann einen Inhalt aufnehmen, welcher sich der Liebe als ein absolutes Hindernis in den Weg stellt.
Die Pflicht der Ehre kann die Aufopferung der Liebe fordern.
Von gewissen Standpunkten aus wäre es z. B. wider die Ehre eines höheren Standes, ein Mädchen von geringerem Stande zu lieben.
Der Unterschied von Ständen ist durch die Natur der Sache notwendig und gegeben.
Wenn nun das weltliche Leben noch nicht durch den unendlichen Begriff wahrer Freiheit
regeneriert ist, in welcher Stand, Beruf usf. von dem Subjekt als solchem und dessen freier Wahl ausgeht, so ist es einerseits mehr oder weniger immer die Natur, die Geburt, welche dem Menschen seine feste Stellung anweist, andererseits werden die Unterschiede, die dadurch hervorkommen, außerdem noch durch die Ehre, insofern sie sich ihren eigenen Stand zur Ehrensache macht, als absolut und unendlich festgehalten.

β) Außer der Ehre nun aber können zweitens auch die ewigen substantiellen Mächte selbst, die Interessen des Staats, Vaterlandsliebe, Familienpflichten usf., mit der Liebe in Streit geraten und ihre Realisation verbieten. Besonders in modernen Darstellungen, in denen sich die objektiven Verhältnisse des Lebens schon zur Gültigkeit herausgearbeitet haben, ist dies eine sehr beliebte Kollision.
Die Liebe ist dann als ein selber gewichtvolles Recht des subjektiven Gemüts anderen Rechten und Pflichten entweder so gegenübergestellt, daß sich das Herz dieser Pflichten als untergeordnet entschlägt oder sie anerkennt und mit sich selber und der Gewalt seiner eigenen Leidenschaft in Kampf gerät. Die Jungfrau von Orleans z. B. beruht auf dieser letzteren Kollision.

γ) Drittens jedoch können es überhaupt äußerliche Verhältnisse und Hindernisse sein, welche sich der Liebe entgegenstemmen: der gewöhnliche Lauf der Dinge, die Prosa des Lebens, Unglücksfälle, Leidenschaft, Vorurteile, Borniertheiten, Eigensinn anderer, Vorkommenheiten der mannigfaltigsten Art. Hier mischt sich dann oft viel Häßliches, Furchtbares, Niederträchtiges ein, indem es die Schlechtigkeit, Roheit und Wildheit sonstiger Leidenschaft ist, welche sich der zarten Seelenschönheit der Liebe entgegensetzt. Besonders in neueren Zeiten in Dramen, Erzählungen und Romanen sehen wir häufig dergleichen äußere Kollisionen, welche dann hauptsächlich von seiten der Teilnahme für die Leiden, Hoffnungen, zerstörten Aussichten der unglücklich Liebenden interessieren und durch einen guten oder schlimmen Ausgang rühren und befriedigen oder überhaupt nur unterhalten sollen.
Diese Weise der Konflikte jedoch, da sie auf bloßer Zufälligkeit beruht, ist von untergeordneter Art.

 

c. Zufälligkeit der Liebe

Die Liebe hat nach allen diesen Seiten allerdings eine hohe Qualität in ihr, insofern sie nicht nur Geschlechterneigung überhaupt bleibt, sondern ein in sich reiches, schönes, edles Gemüt sich hingibt und für die Einheit mit dem anderen lebendig, tätig, tapfer, aufopferungsvoll usw. ist.
Zugleich aber hat die romantische Liebe auch ihre Schranke.
Was nämlich ihrem Inhalt abgeht, ist die an und für sich seiende Allgemeinheit.
Sie ist nur die persönliche Empfindung des einzelnen Subjekts, die sich nicht mit den ewigen Interessen und dem objektiven Gehalt des menschlichen Daseins, mit Familie, politischen Zwecken, Vaterland, Pflichten des Berufs, des Standes, der Freiheit, der Religiosität, sondern nur mit dem eigenen Selbst erfüllt zeigt, das die Empfindung, widergespiegelt von einem anderen Selbst, zurückempfangen will.
Dieser Inhalt der selber noch wieder formellen Innigkeit entspricht nicht wahrhaft der Totalität,
welche ein in sich konkretes Individuum sein muß.
In der Familie, der Ehe, der Pflicht, dem Staat ist die subjektive Empfindung als solche und die aus derselben herfließende Vereinigung gerade mit diesem und keinem anderen Individuum nicht die Hauptsache, um welche es sich handeln darf. In der romantischen Liebe aber dreht sich alles nur darum, daß dieser gerade diese, diese diesen liebt. Warum es just nur dieser oder diese Einzelne ist, das findet seinen einzigen Grund in der subjektiven Partikularität, in dem Zufall der Willkür. Jedwedem kommt seine Geliebte sowie dem Mädchen ihr Geliebter, obschon sie andere sehr gewöhnlich finden können, als die Schönste, als der Herrlichste vor, und sonst keiner und keine in der Welt.
Aber eben indem alle, oder doch viele, diese Ausschließung machen und nicht Aphrodite selbst, die einzige, geliebt wird, sondern vielmehr jedem die Seine die Aphrodite und leicht noch mehr ist,
so zeigt sich, daß es viele sind, welche als dasselbe gelten; wie denn auch in der Tat jeder weiß,
daß es viele hübsche oder gute, vortreffliche Mädchen in der Welt gibt, die alle - oder doch die meisten - auch ihre Liebhaber, Anbeter und Männer finden, denen sie als schön, tugendreich, liebenswürdig usf. erscheinen. Nur jedesmal einer und nur eben dieser absolut den Vorzug zu geben, ist daher eine bloße Privatsache des subjektiven Herzens und der Besonderheit oder Absonderlichkeit des Subjekts, und die unendliche Hartnäckigkeit, notwendig nur gerade in dieser sein Leben, sein höchstes Bewußtsein zu finden, erweist sich als eine unendliche Willkür der Notwendigkeit.
Es ist in dieser Stellung allerdings die höhere Freiheit der Subjektivität und deren absoluter Wahl anerkannt - die Freiheit, nicht bloß wie die Phädra des Euripides einem Pathos, einer Gottheit unterworfen zu sein; aber um des schlechthin einzelnen Willens, aus dem sie hervorgeht, [willen] erscheint die Wahl zugleich als ein Eigensinn und eine Halsstarrigkeit der Partikularität.

Dadurch behalten die Kollisionen der Liebe, besonders wenn dieselbe substantiellen Interessen kämpfend gegenübergestellt wird, immer eine Seite der Zufälligkeit und Berechtigungslosigkeit,
weil es die Subjektivität als solche ist, welche sich mit ihren nicht an und für sich gültigen Forderungen dem entgegensetzt, was um seiner eigenen Wesentlichkeit willen auf Anerkennung Anspruch zu machen hat.
Die Individuen in der hohen Tragödie der Alten, Agamemnon, Klytämnestra, Orest, Ödipus,
Antigone, Kreon usf., haben zwar gleichfalls einen individuellen Zweck; aber das Substantielle, das Pathos, das sie als Inhalt ihrer Handlung treibt, ist von absoluter Berechtigung und ebendeshalb auch in sich selbst von allgemeinem Interesse.
Das Los, das sie ihrer Tat wegen betrifft, ist daher auch nicht rührend, weil es ein unglückliches Schicksal, sondern weil es ein Unglück ist, das zugleich absolut ehrt, indem das Pathos, welches nicht ruht, bis es Befriedigung erlangt hat, einen für sich notwendigen Inhalt hat.
Wenn die Schuld der Klytämnestra in diesem konkreten Falle nicht gestraft, wenn die Verletzung, welche Antigone als Schwester erfährt, nicht aufgehoben wird, so ist dies ein Unrecht an sich.
Diese Leiden aber der Liebe, diese zerscheiternden Hoffnungen, dies Verliebtsein überhaupt, diese unendlichen Schmerzen, die ein Liebender empfindet, diese unendliche Glückseligkeit und Seligkeit, die er sich vorstellt, sind kein an sich selbst allgemeines Interesse, sondern etwas, was nur ihn selber angeht.
Jeder Mensch zwar hat ein Herz für die Liebe und das Recht, dadurch glücklich zu werden;
wenn er aber hier, gerade in diesem Falle, unter den und den Umständen, in betreff gerade auf dieses Mädchen, sein Ziel nicht erreicht, so ist damit kein Unrecht geschehen. Denn es ist nichts in sich Notwendiges, daß er sich gerade auf dieses Mädchen kaprizioniere, und wir sollen uns daher für die höchste Zufälligkeit, für die Willkür der Subjektivität, die keine Ausdehnung und Allgemeinheit hat, interessieren.
Dies bleibt die Seite der Kälte, die bei aller Hitze der Leidenschaft in ihrer Darstellung uns durchdringt.

 

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