|
Drittes Kapitel: Das Kunstschöne oder das Ideal
In Rücksicht auf das Kunstschöne haben wir drei Hauptseiten zu betrachten:
erstens das Ideal als solches,
zweitens die Bestimmtheit desselben als Kunstwerk,
drittens die hervorbringende Subjektivität des Künstlers.
A. Das Ideal als solches
1. Die schöne Individualität
Das Allgemeinste, was sich unserer bisherigen Betrachtung nach vom Ideal der Kunst in ganz formeller Weise aussagen läßt, geht darauf hinaus, daß einerseits zwar das Wahre nur in seiner Entfaltung zur äußeren Realität Dasein und Wahrheit hat, andererseits aber das Außereinander desselben so sehr in Eins zusammenzufassen und zu halten vermag, daß nun jeder Teil der Entfaltung diese Seele, das Ganze an ihm erscheinen macht. Nehmen wir zur nächsten Erläuterung die menschliche Gestalt, so ist sie, wie wir schon früher sahen, eine Totalität von Organen, in welche der Begriff auseinandergegangen ist und in jedem Gliede nur irgendeine besondere Tätigkeit und partielle Regung kundgibt. Fragen wir aber, in welchem besonderen Organe die ganze Seele als Seele erscheint, so werden wir sogleich das Auge angeben; denn in dem Auge konzentriert sich die Seele und sieht nicht nur durch dasselbe, sondern wird auch darin gesehen. Wie sich nun an der Oberfläche des menschlichen Körpers im Gegensatze des tierischen überall das pulsierende Herz zeigt, in demselben Sinne ist von der Kunst zu behaupten, daß sie jede Gestalt an allen Punkten der sichtbaren Oberfläche zum Auge verwandle, welches der Sitz der Seele ist und den Geist zur Erscheinung bringt. - Oder wie Platon in jenem bekannten Distichon an den Aster ausruft:
Wenn zu den Sternen du blickst, mein Stern, o wär ich der Himmel, Tausendäugig sodann auf dich herniederzuschaun!,
so umgekehrt macht die Kunst jedes ihrer Gebilde zu einem tausendäugigen Argus, damit die innere Seele und Geistigkeit an allen Punkten gesehen werde. Und nicht nur die leibliche Gestalt, die Miene des Gesichts, die Gebärde und Stellung, sondern ebenso auch die Handlungen und Begebnisse, Reden und Töne und die Reihe ihres Verlaufs durch alle Bedingungen des Erscheinens hindurch hat sie allenthalben zum Auge werden zu lassen, in welchem sich die freie Seele in ihrer inneren Unendlichkeit zu erkennen gibt.
a) Bei dieser Forderung durchgängiger Beseelung entsteht sogleich die nähere Frage, welches die Seele sei, zu deren Augen alle Punkte der Erscheinung werden sollen, und bestimmter noch fragt es sich, welcher Art die Seele sei, die ihrer Natur nach sich befähigt zeige, durch die Kunst zu ihrer echten Manifestation zu kommen. Denn in gewöhnlichem Sinne spricht man auch von einer spezifischen Seele der Metalle, des Gesteins, der Gestirne, Tiere, der vielfach partikularisierten menschlichen Charaktere und ihrer Äußerungen. Für die natürlichen Dinge aber, wie Steine, Pflanzen usf., kann der Ausdruck Seele in der obigen Bedeutung nur uneigentlich gebraucht werden. Die Seele der bloß natürlichen Dinge ist für sich selbst endlich, vorübergehend und mehr eine spezifizierte Natur als eine Seele zu nennen. Die bestimmte Individualität solcher Existenzen tritt deshalb schon in ihrem endlichen Dasein vollständig hervor. Sie kann nur irgendeine Beschränktheit darstellen, und die Erhebung in die unendliche Selbständigkeit und Freiheit wird nichts als ein Schein, welcher auch dieser Sphäre wohl zu leihen ist, doch, wenn es wirklich geschieht, nur immer von außen her durch die Kunst herangebracht wird, ohne daß diese Unendlichkeit in den Dingen selber begründet ist. In gleicher Weise ist auch die empfindende Seele als natürliche Lebendigkeit wohl eine subjektive, jedoch nur innerliche Individualität, welche nur an sich in der Realität vorhanden ist, ohne als Rückkehr zu sich sich selber zu wissen und dadurch in sich unendlich zu sein. Ihr Inhalt bleibt daher selbst beschränkt, und ihre Manifestation bringt es teils nur zu einer formellen Lebendigkeit, Unruhe, Beweglichkeit, Begierlichkeit und Angst und Furcht dieses abhängigen Lebens, teils nur zu der Äußerung einer in sich selber endlichen Innerlichkeit. Die Beseelung und das Leben des Geistes allein ist die freie Unendlichkeit, die in dem realen Dasein für sich selbst als Inneres ist, weil sie in ihrer Äußerung zu sich selber zurückkehrt und bei sich bleibt. Dem Geiste allein ist es deshalb gegeben, seiner Äußerlichkeit, wenn er durch dieselbe auch in die Beschränktheit eintritt, dennoch zugleich den Stempel seiner eigenen Unendlichkeit und freien Rückkehr zu sich aufzudrücken. Nun ist aber auch der Geist, indem er nur erst dadurch frei und unendlich ist, daß er seine Allgemeinheit wirklich faßt und die Zwecke, die er in sich setzt, zu ihr erhebt, seinem eigenen Begriff nach fähig, wenn er diese Freiheit nicht ergriffen hat, als beschränkter Inhalt, verkümmerter Charakter, verkrüppeltes und flaches Gemüt zu existieren. Mit solchem in sich nichtigen Gehalt bleibt die unendliche Manifestation des Geistes wieder nur formell, da wir dann nichts als die abstrakte Form selbstbewußter Geistigkeit erhalten, deren Inhalt der Unendlichkeit des freien Geistes widerspricht. Es ist nur durch einen echten und in sich substantiellen Inhalt, durch welchen das beschränkte veränderliche Dasein Selbständigkeit und Substantialität hat, so daß dann Bestimmtheit und Gediegenheit in sich, beschränkt abgeschlossener und substantieller Gehalt in ein und demselbigen wirklich sind und das Dasein hierdurch die Möglichkeit erlangt, an der Beschränktheit seines eigenen Inhalts zugleich als Allgemeinheit und als bei sich seiende Seele manifestiert zu sein. - Mit einem Worte, die Kunst hat die Bestimmung, das Dasein in seiner Erscheinung als wahr aufzufassen und darzustellen, d. i. in seiner Angemessenheit zu dem sich selbst gemäßen, dem an und für sich seienden Inhalt. Die Wahrheit der Kunst darf also keine bloße Richtigkeit sein, worauf sich die sogenannte Nachahmung der Natur beschränkt, sondern das Äußere muß mit einem Inneren zusammenstimmen, das in sich selbst zusammenstimmt und eben dadurch sich als sich selbst im Äußeren offenbaren kann.
b) Indem die Kunst nun das in dem sonstigen Dasein von der Zufälligkeit und Äußerlichkeit Befleckte zu dieser Harmonie mit seinem wahren Begriffe zurückführt, wirft sie alles, was in der Erscheinung demselben nicht entspricht, beiseite und bringt erst durch diese Reinigung das Ideal hervor. Man kann dies für eine Schmeichelei der Kunst ausgeben, wie man z. B. Porträtmalern nachsagt, daß sie schmeicheln. Aber selbst der Porträtmaler, der es noch am wenigsten mit dem Ideal der Kunst zu tun hat, muß in diesem Sinne schmeicheln, d. h. alle die Äußerlichkeiten in Gestalt und Ausdruck, in Form, Farbe und Zügen, das nur Natürliche des bedürftigen Daseins, die Härchen, Poren, Närbchen, Flecke der Haut muß er fortlassen und das Subjekt in seinem allgemeinen Charakter und seiner bleibenden Eigentümlichkeit auffassen und wiedergeben. Es ist etwas durchaus anderes, ob er die Physiognomie nur überhaupt ganz so nachahmt, wie sie ruhig ihrer Oberfläche und Außengestalt vor ihm dasitzt, oder ob er die wahren Züge, welche der Ausdruck der eigensten Seele des Subjekts sind, darzustellen versteht. Denn zum Ideale gehört durchweg, daß die äußere Form für sich der Seele entspreche. So ahmen z. B. die in neuester Zeit Mode gewordenen sogenannten lebenden Bilder zweckmäßig und erfreulich berühmte Meisterwerke nach, und das Beiwesen, Drapierung usf. bilden sie richtig ab; aber für den geistigen Ausdruck der Gestalten sieht man häufig genug Alltagsgesichter verwenden, und dies wirkt zweckwidrig. Raffaelische Madonnen dagegen zeigen uns Formen des Gesichts, der Wangen, der Augen, der Nase, des Mundes, welche als Formen überhaupt schon der seligen, freudigen, frommen zugleich und demütigen Mutterliebe gemäß sind. Man könnte allerdings behaupten wollen, alle Frauen seien dieser Empfindung fähig, aber nicht jede Form der Physiognomie genügt dem vollen Ausdruck solcher Seelentiefe.
c) In dieser Zurückführung nun des äußerlichen Daseins ins Geistige, so daß die äußere Erscheinung als dem Geiste gemäß die Enthüllung desselben wird, ist die Natur des Kunstideals zu suchen. Es ist dies jedoch eine Zurückführung ins Innere, die zugleich nicht bis zum Allgemeinen in abstrakter Form, bis zum Extrem des Gedankens fortgeht, sondern in dem Mittelpunkte stehenbleibt, in welchem das nur Äußerliche und nur Innerliche zusammenfallen. Das Ideal ist demnach die Wirklichkeit, zurückgenommen aus der Breite der Einzelheiten und Zufälligkeiten, insofern das Innere in dieser der Allgemeinheit entgegengehobenen Äußerlichkeit selbst als lebendige Individualität erscheint. Denn die individuelle Subjektivität, welche einen substantiellen Gehalt in sich trägt und denselben zugleich an ihr selber äußerlich erscheinen macht, steht in dieser Mitte, in der das Substantielle des Inhalts nicht abstrakt für sich seiner Allgemeinheit nach heraustreten kann, sondern in der Individualität noch eingeschlossen bleibt und dadurch mit einem bestimmten Dasein verschlungen erscheint - welches nun auch seinerseits, von der bloßen Endlichkeit und Bedingtheit losgewunden, mit dem Innern der Seele zu freiem Einklange zusammengeht. Schiller in seinem Gedichte "Das Ideal und das Leben" spricht der Wirklichkeit und ihren Schmerzen und Kämpfen gegenüber von "der Schönheit stillem Schattenlande". Ein solches Schattenreich ist das Ideal, es sind die Geister, die in ihm erschienen, abgestorben dem unmittelbaren Dasein, abgeschieden von der Bedürftigkeit der natürlichen Existenz, befreit von den Banden der Abhängigkeit äußerer Einflüsse und aller der Verkehrungen und Verzerrungen, welche mit der Endlichkeit der Erscheinung zusammenhängen. Ebensosehr aber setzt das Ideal seinen Fuß in die Sinnlichkeit und deren Naturgestalt hinein, doch zieht ihn wie das Bereich des Äußeren zugleich zu sich zurück, indem die Kunst den Apparat, dessen die äußere Erscheinung zu ihrer Selbsterhaltung bedarf, zu den Grenzen zurückzuführen weiß, innerhalb welcher das Äußere die Manifestation der geistigen Freiheit sein kann. Dadurch allein steht das Ideal im Äußerlichen mit sich selbst zusammengeschlossen frei auf sich beruhend da, als sinnlich selig in sich, seiner sich freuend und genießend. Der Klang dieser Seligkeit tönt durch die ganze Erscheinung des Ideals fort, denn wie weit sich die Außengestalt auch ausdehnen möge, die Seele des Ideals verliert in ihr nie sich selber. Und nur hierdurch gerade ist es wahrhaft schön, indem das Schöne nur als totale, aber subjektive Einheit ist, weshalb auch das Subjekt des Ideals aus der Zersplitterung sonstiger Individualitäten und ihrer Zwecke und Bestrebungen in sich selber zurück zu einer höheren Totalität und Selbständigkeit gesammelt erscheinen muß.
α) Wir können in dieser Rücksicht die heitere Ruhe und Seligkeit, dies Sichselbstgenügen in der eigenen Beschlossenheit und Befriedigung als den Grundzug des Ideals an die Spitze stellen. Die ideale Kunstgestalt steht wie ein seliger Gott vor uns da. Den seligen Göttern nämlich ist es mit der Not, dem Zorn und Interesse in endlichen Kreisen und Zwecken kein letzter Ernst, und dieses positive Zurückgenommensein in sich bei der Negativität alles Besonderen gibt ihnen den Zug der Heiterkeit und Stille. In diesem Sinne gilt das Wort Schillers: "Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst." Zwar ist häufig genug pedantisch hierüber gewitzelt worden, da die Kunst überhaupt und vornehmlich Schillers eigene Poesie von der ernstesten Art sei - wie denn die ideale Kunst auch in der Tat des Ernstes nicht entbehrt -, aber in dem Ernste eben bleibt die Heiterkeit in sich selbst ihr wesentlicher Charakter. Diese Kraft der Individualität, dieser Triumph der in sich konzentrierten konkreten Freiheit ist es, den wir besonders in antiken Kunstwerken in der heiteren Ruhe ihrer Gestalten erkennen. Und dies ist nicht etwa bei kampfloser Befriedigung allein der Fall, sondern dann selbst, wenn ein tiefer Bruch das Subjekt in sich selbst wie dessen ganze Existenz zerrissen hat. Denn wenn die tragischen Heroen z. B. auch so dargestellt sind, daß sie dem Schicksale unterliegen, so zieht sich dennoch das Gemüt, indem es sagt: Es ist so!, in das einfache Beisichsein zurück. Das Subjekt bleibt dann noch immer sich selber getreu; es gibt das auf, was ihm geraubt wird, doch die Zwecke, welche es verfolgte, werden ihm nicht nur genommen, sondern es läßt sie fallen und verliert damit sich selber nicht. Der Mensch, vom Geschick unterjocht, kann sein Leben verlieren, die Freiheit nicht. Dies Beruhen auf sich ist es, welches im Schmerze selbst noch die Heiterkeit der Ruhe zu bewahren und erscheinen zu lassen vermag.
β) In der romantischen Kunst zwar geht die Zerrissenheit und Dissonanz des Inneren weiter, wie in ihr überhaupt die dargestellten Gegensätze sich vertiefen, und deren Entzweiung kann festgehalten werden. So bleibt z. B. die Malerei in der Darstellung der Leidensgeschichte zuweilen beim Ausdruck des Hohns in den Zügen der peinigenden Kriegsknechte, bei dem scheußlichen Verzerren und Grinsen der Gesichter stehen, und mit diesem Festhalten an der Entzweiung, besonders in Schilderung des Lasterhaften, Sündlichen und Bösen, geht dann die Heiterkeit des Ideals verloren; denn wenn auch die Zerrissenheit nicht in jener Festigkeit bleibt, so tritt doch häufig, obschon nicht jedesmal Häßlichkeit, doch wenigstens Unschönheit an die Stelle. In einem anderen Kreise der älteren niederländischen Malerei zeigt sich wohl in der Rechtschaffenheit und Treue gegen sich selbst, ebenso in dem Glauben und der unerschütterlichen Sicherheit eine Versöhnung des Gemüts in sich, aber bis zur Heiterkeit und Befriedigung des Ideals bringt es diese Festigkeit nicht. Dennoch kann auch in der romantischen Kunst, obgleich das Leiden und der Schmerz in ihr das Gemüt und subjektive Innere tiefer als bei den Alten trifft, eine geistige Innigkeit, eine Freudigkeit in der Ergebung, eine Seligkeit im Schmerz und Wonne im Leiden, ja eine Wollust selbst in der Marter zur Darstellung kommen. Selbst in der italienischen ernst-religiösen Musik durchdringt diese Lust und Verklärung des Schmerzes den Ausdruck der Klage. Dieser Ausdruck ist im Romantischen überhaupt das Lächeln durch Tränen. Die Träne gehört dem Schmerz, das Lächeln der Heiterkeit, und so bezeichnet das Lächeln im Weinen dies Beruhigtsein in sich bei Qual und Leiden. Allerdings darf das Lächeln dann keine bloß sentimentale Rührung, keine Eitelkeit des Subjekts und Schöntuerei mit sich über Miserabilitäten sein und über seine kleinen subjektiven Empfindungen dabei, sondern muß als die Fassung und Freiheit des Schönen allem Schmerze zum Trotz erscheinen, wie von der Ximene in den Romanzen vom Cid gesagt wird: "wie war sie in Tränen schön". Die Haltungslosigkeit des Menschen dagegen ist entweder häßlich und widrig oder lächerlich. Kinder z. B. brechen bei dem Geringfügigsten schon in Tränen aus und machen uns dadurch lachen, wogegen die Tränen in den Augen eines ernsten, gehaltenen Mannes bei tiefer Empfindung schon einen ganz anderen Eindruck der Rührung geben.
Lachen und Weinen können jedoch abstrakt auseinanderfallen und sind nun auch fälschlich in dieser Abstraktion als ein Motiv für die Kunst benutzt worden, wie der Lachchor z. B. in Webers Freischütz. Lachen überhaupt ist der Ausbruch des Herausplatzens, das jedoch nicht haltungslos bleiben darf, wenn nicht das Ideal verlorengehen soll. Von der gleichen Abstraktion ist das ähnliche Lachen in einem Duett aus Webers Oberon, in welchem einem angst und bange für die Kehle und Brust der Sängerin werden kann. Wie anders dagegen ergreift das unauslöschliche Göttergelächter im Homer, das aus der seligen Ruhe der Götter entspringt und nur Heiterkeit und nicht abstrakte Ausgelassenheit ist. Ebensowenig auf der anderen Seite darf das Weinen als haltungsloser Jammer in das ideale Kunstwerk eintreten, wie z. B. solche abstrakte Trostlosigkeit wiederum in Webers Freischütz zu hören ist. In der Musik überhaupt ist der Gesang diese Freude und Lust, sich zu vernehmen, wie die Lerche in den freien Lüften singt; Hinausschreien des Schmerzes und der Fröhlichkeit macht noch keine Musik, sondern selbst im Leiden muß der süße Ton der Klage die Schmerzen durchziehen und klären, so daß es einem schon der Mühe wert scheint, so zu leiden, um solche Klage zu vernehmen. Dies ist die süße Melodie, der Gesang in aller Kunst.
γ) In diesem Grundsatz hat auch in gewisser Beziehung das Prinzip der modernen Ironie seine Berechtigung, nur daß die Ironie einerseits häufig alles wahren Ernstes bar ist und sich vornehmlich an schlechten Subjekten zu delektieren liebt, andererseits in der bloßen Sehnsüchtigkeit des Gemütes statt des wirklichen Handelns und Seins endet; wie Novalis z. B., eines der edleren Gemüter, welche sich auf diesem Standpunkte befanden, zu der Leerheit von bestimmten Interessen, zu dieser Scheu vor der Wirklichkeit getrieben und zu dieser Schwindsucht gleichsam des Geistes hinaufgeschraubt wurde. Es ist dies eine Sehnsucht, welche sich zum wirklichen Handeln und Produzieren nicht herablassen will, weil sie sich durch die Berührung mit der Endlichkeit zu verunreinigen fürchtet, obschon sie ebensosehr das Gefühl des Mangels dieser Abstraktion in sich hat. So liegt allerdings in der Ironie jene absolute Negativität, in welcher sich das Subjekt im Vernichten der Bestimmtheiten und Einseitigkeiten auf sich selbst bezieht; indem aber das Vernichten, wie schon oben bei Betrachtung dieses Prinzips angedeutet wurde, nicht nur wie in der Komik das an sich selbst Nichtige, das sich in seiner Hohlheit manifestiert, sondern gleichmäßig auch jedes an sich Vortreffliche und Gediegene trifft, so behält die Ironie als diese allseitige Vernichtigungskunst wie jene Sehnsüchtigkeit, im Vergleich mit dem wahren Ideal, zugleich die Seite der inneren unkünstlerischen Haltungslosigkeit. Denn das Ideal bedarf eines in sich substantiellen Gehalts, der freilich dadurch, daß er sich in Form und Gestalt auch des Äußeren darstellt, zur Besonderheit und hiermit zur Beschränktheit wird, doch die Beschränktheit so in sich enthält, daß alles nur Äußerliche daran getilgt und vernichtet ist. Durch diese Negation der bloßen Äußerlichkeit allein ist die bestimmte Form und Gestalt des Ideals ein Herausführen jenes substantiellen Gehalts in die für die Kunstanschauung und Vorstellung angemessene Erscheinung.
|