a. Die Tieropfer
Wenn bei den Griechen einige Tiere vor anderen als bevorzugt erscheinen, wie die Schlange z. B. noch als ein besonders beliebter Genius bei den Opfern Homers vorkommt (Ilias, II, v. 308; XII, v. 208) und dem einen Gott vorzugsweise diese Tierart geopfert wird, dem anderen eine andere, wenn ferner der Hase, der über den Weg läuft, die Vögel in ihrem Fluge, zur Rechten oder Linken beachtet, die Eingeweide zu prophetischen Deutungen untersucht werden, so liegt zwar auch hierin noch eine gewisse Verehrung des Tierischen, da die Götter sich dadurch kundtun und durch Omina zum Menschen reden; im wesentlichen aber sind dies nur ganz einzelne Offenbarungen, etwas Abergläubisches allerdings doch nur ganz augenblickliche Andeutungen des Göttlichen. Wichtig dagegen ist das Opfern der Tiere und das Essen der Opfer. Bei den Indern werden die heiligen Tiere ganz im Gegenteil erhalten, gepflegt und bei den Ägyptern selbst noch nach ihrem Tode der Zerstörung entrissen. Den Griechen galt das Opfern als heilig. Im Opfer zeigt der Mensch, er wolle auf den seinen Göttern geweihten Gegenstand Verzicht leisten und sich selbst den Gebrauch desselben vernichten. Hier tut sich nun bei den Griechen ein eigentümlicher Zug darin hervor, daß bei ihnen "opfern" zugleich ein Gastmahl anrichten hieß (Odyssee, XIV, v. 414; XXIV, v. 215), da sie nur einen Teil der Tiere, und zwar den ungenießbaren, für die Götter bestimmten, das Fleisch aber für sich selber behielten und verschmausten. Hieraus ist in Griechenland selbst ein Mythus entstanden. Die alten Griechen opferten mit größter Feierlichkeit den Göttern und ließen die ganzen Tiere von den Opferflammen verzehren. Diesen großen Aufwand jedoch vermochten die Ärmeren nicht zu bestreiten. Da versucht es Prometheus, vom Zeus durch Bitte zu erlangen, daß sie nur einen Teil zu opfern nötig hätten, den anderen aber zu ihrem Gebrauch verwenden dürften. Er schlachtet zwei Ochsen, verbrennt die Leber von beiden, die gesamten Knochen aber wickelt er in eine, das Fleisch in die andere Haut der Tiere und überläßt dem Jupiter die Wahl. Zeus, getäuscht, wählt, weil sie größer waren, die Knochen und so blieb das Fleisch den Menschen. Daher wurden, wenn das Fleisch der Opfertiere verzehrt war, die Reste, welche der Teil der Götter sind, in demselben Feuer verbrannt. - Zeus aber nahm den Menschen das Feuer, weil ihnen ohne Feuer ihr Fleischteil nichts nütze. Doch dies hilft ihm wenig. Prometheus entwandte das Feuer, und aus Freude flog er mehr, als er lief: daher, wie die Sage geht, die Menschen, welche eine frohe Botschaft bringen, noch jetzt schnell laufen. - In dieser Weise haben die Griechen auf jeden Fortschritt menschlicher Bildung ihre Aufmerksamkeit gerichtet und ihn in Mythen für das Bewußtsein aufbewahrt und ausgestaltet.
b. Die Jagden
Hieran schließen sich als ein ähnliches Beispiel einer schon weiteren Herabsetzung des Tierischen die Erinnerungen an berühmte Jagden, wie sie den Heroen zugeschrieben wurden und in dankbar gefeiertem Andenken blieben. Hier gilt das Töten der Tiere, die als schädliche Feinde erscheinen, die Erwürgung z. B. des Nemeischen Löwen durch Herakles, die Tötung der Lernäischen Schlange, die Jagd des Kaledonischen Ebers usf. als etwas Hohes, wodurch die Helden sich Götterrang erkämpften, während die Inder das Töten gewisser Tiere als ein Verbrechen mit dem Tode bestraften. Allerdings spielen in dergleichen Taten weitere Symbole herein oder liegen ihnen zugrunde, wie beim Herkules die Sonne und deren Lauf, so daß solche heroischen Handlungen auch eine wesentliche Seite für symbolische Auslegungen darbieten; dennoch aber sind diese Mythen zugleich in der ausdrücklichen Bedeutung von wohltätigen Jagden genommen und so den Griechen vor dem Bewußtsein gewesen. - In einer ähnlichen Beziehung ist hier auch wieder an einige Äsopische Fabeln zu erinnern, besonders an die schon früher berührte vom Roßkäfer. Der Roßkäfer, dies altägyptische Symbol, in dessen Mistkugel die Ägypter oder die Interpreten der religiösen Vorstellungen die Weltkugel sahen, kommt im Äsop noch bei Jupiter vor, und mit der Wichtigkeit, daß der Adler seinen Schutz des Hasens nicht respektiert; Aristophanes dagegen hat ihn ganz zum Possenhaften heruntergesetzt.
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