1. Die Degradation des Tierischen
Bei den Indern und Ägyptern, bei den Asiaten überhaupt, sehen wir das Tierische oder wenigstens bestimmte Tierarten heiliggehalten und verehrt, weil in ihnen das Göttliche selber zu gegenwärtiger Anschauung kommen sollte. Die animalische Gestalt macht deshalb auch ein Hauptingrediens ihrer Kunstdarstellungen aus, wenn sie weiterhin auch nur als Symbol und in Verbindung mit menschlichen Formen gebraucht wird, ehe das Menschliche und nur das Menschliche als das allein Wahrhaftige ins Bewußtsein tritt. Erst durch das Selbstbewußtsein des Geistigen verschwindet der Respekt vor der dunklen, dumpfen Innerlichkeit des tierischen Lebens. Dies ist schon bei den alten Hebräern der Fall, indem sie, wie bereits oben bemerkt ward, die gesamte Natur weder als Symbol noch als Gegenwart Gottes ansehen und den äußeren Gegenständen nur diejenige Kraft und Lebendigkeit beilegen, welche ihnen in der Tat innewohnt. Dennoch findet sich auch bei ihnen gleichsam zufälligerweise noch ein Rest wenigstens von Ehrfurcht vor der Lebendigkeit als solcher; wie Moses z. B. das Blut der Tiere zu genießen verbietet, weil im Blute das Leben sei. Der Mensch aber muß eigentlich essen dürfen, was ihm bekommt. Der nächste Schritt nun, dessen wir beim Übergange zur klassischen Kunst zu erwähnen haben, besteht darin, die hohe Würde und Stellung des Tierischen herabzusetzen und diese Erniedrigung selber zum Inhalt religiöser Vorstellungen und künstlerischer Produktionen zu machen. Hierherein fällt eine Mannigfaltigkeit von Gegenständen, aus denen ich als Beispiel nur folgende auswählen will.
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