a. Die Situationslosigkeit
Die Form für den allgemeinen Weltzustand, wie das Ideal der Kunst ihn zur Erscheinung bringen soll, ist die ebenso individuelle als in sich wesentliche Selbständigkeit. Die Selbständigkeit nun, als solche genommen und für sich befestigt, gibt zunächst nichts als das sichere Beruhen auf sich selbst in starrer Ruhe. Die bestimmte Gestalt geht somit noch zu keiner Beziehung auf Anderes aus sich heraus, sondern bleibt in der inneren und äußeren Beschlossenheit der Einheit mit sich. Dies gibt die Situationslosigkeit, in welcher wir z. B. alte Tempelbilder aus den Anfängen der Kunst sehen, deren Charakter des tiefen unbeweglichen Ernstes, der ruhigsten, ja selbst der starren, aber grandiosen Hoheit auch in späteren Zeiten wohl in dem gleichen Typus ist nachgebildet worden. Die ägyptische und älteste griechische Skulptur z. B. gewährt eine Anschauung von dieser Art der Situationslosigkeit. In der christlichen bildenden Kunst ferner wird Gottvater oder Christus in der ähnlichen Weise vorgestellt, vornehmlich in Brustbildern; wie sich denn überhaupt die feste Substantialität des Göttlichen, als bestimmter besonderer Gott oder als die in sich absolute Persönlichkeit aufgefaßt, für solche Darstellungsart eignet, obschon auch mittelalterliche Porträts den gleichen Mangel bestimmter Situationen, in denen sich der Charakter des Individuums ausprägen könnte, an sich tragen und nur das Ganze des bestimmten Charakters in seiner Festigkeit ausdrücken wollen.
|