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Inhalt - Übersicht

Einleitung

Erster Teil.
Die Idee des Kunstschönen oder das Ideal

Stellung der Kunst im Verhältnis zur endlichen Wirklichkeit und zur Religion und Philosophie

Zweiter Teil. Entwicklung des Ideals zu den besonderen Formen des Kunstschönen

Dritter Teil.
Das System der einzelnen Künste

Vom “Ende der Kunst” >

Wie nun aber die Kunst in der Natur und den endlichen Gebieten des Lebens ihr Vor hat, ebenso hat sie auch ein Nach, ...  >>>

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Vorlesungen über die Ästhetik
                          
(1835-1838)                                                              

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1. Allgemeiner Charakter der klassischen Architektur

a. Dienstbarkeit für einen bestimmten Zweck

Demgemäß, was ich mehrmals bereits angeführt habe, besteht der Grundbegriff der eigentlichen Baukunst darin, daß die geistige Bedeutung nicht ausschließlich in das Bauwerk selbst hineingelegt ist, das dadurch zu einem selbständigen Symbol des Innern wird, sondern daß diese Bedeutung umgekehrt außerhalb der Architektur schon ihr freies Dasein gewonnen hat. Dies Dasein kann zwiefacher Art sein, je nachdem nämlich eine andere, weiterreichende Kunst - und hauptsächlich im eigentlich Klassischen die Skulptur - die Bedeutung für sich gestaltet und herausstellt oder der Mensch dieselbe in seiner unmittelbaren Wirklichkeit lebendig in sich enthält und betätigt. Außerdem können sodann diese beiden Seiten noch zusammentreten. Wenn also die orientalische Architektur der Babylonier, Inder, Ägypter einerseits, was diesen Völkern als das Absolute und Wahrhaftige galt, symbolisch zu durch sich selber gültigen Gebilden gestaltete oder andererseits das dem Tode zum Trotz seiner äußeren Naturgestalt nach Erhaltene umschloß, so ist jetzt das Geistige, sei es durch die Kunst, sei es in unmittelbar lebendiger Existenz, abgesondert von dem Bauwerk für sich selber da, und die Architektur begibt sich in den Dienst dieses Geistigen, das die eigentliche Bedeutung und den bestimmenden Zweck ausmacht.
Dieser Zweck wird dadurch jetzt das Regierende, das die Gesamtheit des Werks beherrscht, die Grundgestalt desselben, das Knochengerüst gleichsam, bestimmt und weder dem materiellen Stoffe noch der Phantasie und Willkür gestattet, sich für sich selbständig zu ergehen wie in der symbolischen Architektur oder, wie in der romantischen, über die Zweckmäßigkeit hinaus noch einen Überfluß mannigfaltiger Teile und Formen zu entwickeln.

 

b. Angemessenheit des Gebäudes für seinen Zweck

Die erste Frage nun bei einem Bauwerk dieser Art ist die Frage nach seinem Zweck und Bestimmung sowie nach den Umständen, unter denen es zu errichten ist.
Diesen angemessen seine Konstruktion zu machen, auf Klima, Lage, landschaftliche Naturumgebung zu achten und in der zweckmäßigen Berücksichtigung aller dieser Punkte ein zugleich zu freier Einheit verbundenes Ganzes hervorzubringen: das ist die allgemeine Aufgabe, in deren vollständiger Erfüllung sich der Sinn und Geist des Baukünstlers zu zeigen hat.
Bei den Griechen sind die öffentlichen Gebäude, Tempel, Säulengänge und Hallen zum Aufenthalte und Herumgehen bei Tage, Zugänge, wie z. B. der berühmte Hinaufweg zur Akropolis in Athen, vornehmlich Gegenstände der Baukunst gewesen; die Privatwohnungen dagegen waren sehr einfach. Bei den Römern umgekehrt kommt der Luxus der Privathäuser, der Villen hauptsächlich, hervor; ebenso die Pracht der Kaiserpaläste, öffentlichen Bäder, Theater, Zirkus, Amphitheater, Wasserleitungen, Brunnen usf. Solche Bauten aber, bei denen die Nützlichkeit das durchaus Vorwaltende und Herrschende bleibt, können der Schönheit mehr oder weniger nur als Schmuck Raum geben. Der freieste Zweck ist deshalb in dieser Sphäre der Zweck der Religion, das Tempelhaus als Umschließung für ein Subjekt, das selbst der schönen Kunst angehört und von der Skulptur als Statue des Gottes hingestellt wird.

 

c. Das Haus als Grundtypus

Bei diesen Zwecken nun scheint die eigentliche Architektur freier zu sein als die symbolische der vorigen Stufe, welche die organischen Formen aus der Natur her ergreift, ja freier als die Skulptur, die genötigt ist, die vorgefundene menschliche Gestalt aufzunehmen, und sich an sie und ihre gegebenen allgemeinen Verhältnisse bindet, während die klassische Architektur ihre Form und deren Figuration dem Inhalt nach aus geistigen Zwecken und in betreff der Gestalt aus dem menschlichen Verstande ohne direktes Vorbild erfindet.
Diese größere Freiheit ist relativ zuzugeben, doch ihr Gebiet bleibt beschränkt und die Abhandlung der klassischen Baukunst, der Verständigkeit ihrer Formen wegen, im ganzen etwas Abstraktes und Trockenes. Friedrich von Schlegel hat die Architektur eine gefrorene Musik genannt, und in der Tat beruhen beide Künste auf einer Harmonie von Verhältnissen,
die sich auf Zahlen zurückführen lassen und in ihren Grundzügen deswegen leicht auffaßbar sind. Die Hauptbestimmung gibt für diese Grundzüge und deren einfache, ernstere, großartige oder anmutigere und zierliche Verhältnisse, wie gesagt, das Haus ab: Mauern, Säulen, Balken, in ganz verständigen kristallinischen Formen zusammengesetzt. Welches nun die Verhältnisse seien, läßt sich nicht auf genaue Zahlbestimmungen und Maße reduzieren. Aber ein längliches Viereck z. B. mit rechten Winkeln ist gefälliger als ein Quadrat, weil beim Oblongum in der Gleichheit auch Ungleichheit ist.
Die eine Dimension, die Breite, halb so groß als die andere, die Länge, gibt ein gefälliges Verhältnis; lang und schmal dagegen ist ungefällig. Dabei müssen dann zugleich die mechanischen Verhältnisse des Tragens und Getragenwerdens in ihrem echten Maß und Gesetz erhalten sein; schweres Gebälk z. B. darf nicht auf dünnen, zierlichen Säulen ruhen, oder umgekehrt große Anstalten zum Tragen gemacht werden, um am Ende nur etwas ganz Leichtes aufzulegen. In allen diesen Beziehungen, in dem Verhältnis der Breite zur Länge und Höhe des Gebäudes, der Höhe der Säulen zu ihrer Dicke, der Abstände, Zahl der Säulen, Art und Mannigfaltigkeit oder Einfachheit der Verzierungen, Größe der vielen Leisten, Einfassungen usf., herrscht bei den Alten eine geheime Eurhythmie, welche der richtige Sinn der Griechen vornehmlich herausgefunden hat und wovon sie im einzelnen wohl hin und wieder abweichen, im ganzen aber die Grundverhältnisse beibehalten müssen, um nicht aus der Schönheit herauszutreten.

 

 

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