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Inhalt - Übersicht

Einleitung

Erster Teil.
Die Idee des Kunstschönen oder das Ideal

Stellung der Kunst im Verhältnis zur endlichen Wirklichkeit und zur Religion und Philosophie

Zweiter Teil. Entwicklung des Ideals zu den besonderen Formen des Kunstschönen

Dritter Teil.
Das System der einzelnen Künste

Vom “Ende der Kunst” >

Wie nun aber die Kunst in der Natur und den endlichen Gebieten des Lebens ihr Vor hat, ebenso hat sie auch ein Nach, ...  >>>

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Vorlesungen über die Ästhetik
                          
(1835-1838)                                                              

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3. Verschiedene Bauarten der romantischen Architektur

Das letzte, worüber ich noch einiges hinzufügen will, geht die Hauptformen an, zu welchen sich die romantische Baukunst in den verschiedenen Zeiten entwickelt hat, obschon es hier in keiner Weise darum zu tun sein kann, eine Geschichte dieses Zweiges der Kunst zu liefern.

 

a. Die vorgotische Baukunst

Von der gotischen Architektur, wie ich sie soeben geschildert habe, ist sehr wohl die sogenannte vorgotische zu unterscheiden, welche sich aus der römischen hervorgebildet hat. - Die älteste Form der christlichen Kirchen ist basilikenartig, indem dieselben aus öffentlichen kaiserlichen Gebäuden entstanden, großen oblongen Sälen mit hölzernem Dachstuhl, wie Konstantin sie den Christen einräumte. In solchen Sälen befand sich eine Tribuna, auf welche bei gottesdienstlichen Versammlungen der Priester zum Gesang und zur Rede oder zum Vorlesen trat, woraus sich dann die Vorstellung des Chors mag gebildet haben. In derselben Weise nahm nun auch die christliche Architektur ihre anderweitigen Formen, wie z. B. den Gebrauch der Säulen mit Rundbogen, die Rotunden und die ganze Verzierungsweise von der klassischen Baukunst besonders im weströmischen Reiche, an, während man auch im oströmischen Kaisertum bis auf Justinians Zeit derselben Bauart scheint treu geblieben zu sein. Selbst was die Ostgoten und Langobarden in Italien bauten, behielt im wesentlichen den römischen Grundcharakter. - In der späteren Architektur jedoch des byzantinischen Kaiserreichs treten mehrfache Veränderungen ein. Den Mittelpunkt bildet eine Rotunde auf vier großen Pfeilern, woran sich dann verschiedenartige Konstruktionen zu den besonderen Zwecken des griechischen, vom römischen unterschiedenen, Kultus anfügten. Mit dieser eigentlichen Baukunst des byzantinischen Reichs ist nun aber diejenige nicht zu verwechseln, welche man in allgemeiner Beziehung byzantinisch nennt und die in Italien, Frankreich, England, Deutschland usf. bis gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts gebräuchlich war.

 

b. Die eigentlich gotische Baukunst

In dem dreizehnten Jahrhundert entwickelte sich sodann die gotische Baukunst in der eigentümlichen Form, deren Hauptkennzeichen ich oben näher angegeben habe. Heutigentags ist sie den Goten abgesprochen worden, und man hat sie die deutsche oder germanische Baukunst genannt. Wir können jedoch die geläufigere ältere Benennung beibehalten. In Spanien nämlich finden sich sehr alte Spuren dieser Bauart, die auf einen Zusammenhang mit geschichtlichen Umständen deuten, indem sich gotische Könige, bis in die Gebirge Asturiens und Galiciens zurückgedrängt, dort unabhängig erhielten. Dadurch scheint nun zwar eine nähere Verwandtschaft der gotischen und arabischen Architektur wahrscheinlich zu sein, doch sind beide wesentlich zu trennen. Denn das Charakteristische in der arabischen Baukunst des Mittelalters ist nicht der Spitzbogen, sondern die sogenannte Hufeisenform, und außerdem zeigen die Gebäude, die für einen ganz anderen Kultus bestimmt sind, orientalischen Reichtum und Pracht, pflanzenähnliche Verzierungen und sonstige Zierate, die Römisches und Mittelalterliches äußerlich vermischen.

 

c. Die Zivilbaukunst des Mittelalters

Parallel mit dieser Entwicklung der religiösen Architektur geht nun auch die Zivilbaukunst, welche von ihrem Standpunkte aus den Charakter der Kirchenbauten wiederholt und modifiziert. In der bürgerlichen Architektur aber hat die Kunst noch weniger Spielraum, da hier beschränktere Zwecke mit einer Mannigfaltigkeit von Bedürfnissen eine strengere Befriedigung fordern und für die Schönheit nur den Raum einer bloßen Zierde übriglassen. Außer der allgemeinen Eurhythmie der Formen und Maße wird sich die Kunst hauptsächlich nur in Auszierung der Fassaden, Treppen, Treppenhallen, Fenster, Türen, Giebel, Türme usf. zeigen können, so jedoch, daß die Zweckmäßigkeit das eigentlich Bestimmende und Durchgreifende bleibt. Im Mittelalter ist es vornehmlich das Burgartige befestigter Wohnungen, was sich als Grundtypus sowohl auf einzelnen Bergabhängen und Spitzen als auch in den Städten hervortut, wo jeder Palast, jedes Familienhaus - in Italien z. B. - die Gestalt einer kleinen Festung oder Burg annahm. Mauern, Tore, Türme, Brücken und dergleichen sind hier durch das Bedürfnis herbeigeführt und werden durch die Kunst geschmückt und verschönert. Festigkeit, Sicherheit, bei grandioser Pracht und lebendiger Individualität der einzelnen Formen und ihres Zusammenhangs, machen die wesentliche Bestimmung aus, deren nähere Auseinandersetzung uns jedoch hier zu weit führen würde.

Anhangsweise nun endlich können wir noch kurz der Gartenbaukunst Erwähnung tun, welche nicht nur für den Geist eine Umgebung, als eine zweite äußere Natur, von Hause aus ganz neu erschafft, sondern das Landschaftliche der Natur selbst in ihre Umgestaltung hineinzieht und als Umgebung der Bauten architektonisch behandelt. Als bekanntes Beispiel brauche ich hierfür nur die höchst großartige Terrasse von Sanssouci anzuführen.

In betreff der eigentlichen Gartenkunst haben wir das Malerische derselben vom Architektonischen sehr wohl zu unterscheiden. Das Parkartige nämlich ist nicht eigentlich architektonisch, kein Bauen mit freien Naturgegenständen, sondern ein Malen, das die Gegenstände in ihrer Natürlichkeit beläßt und die große freie Natur nachzubilden strebt, indem die wechselnde Andeutung an alles, was in einer Landschaft erfreut, an Felsen und deren große rohe Massen, an Täler, Waldungen, Wiesen, Gras, schlängelnde Bäche, an breite Ströme mit belebten Ufern, stille Seen, umkränzt mit Bäumen, an rauschende Wasserfälle, und was dergleichen mehr ist, zu einem Ganzen zusammengedrängt erscheint. In dieser Weise umfaßt schon die Gartenkunst der Chinesen ganze Landschaften mit Seen und Inseln, Flüssen, Aussichten, Felspartien usf.

In solch einem Park, besonders in neuerer Zeit, soll nun einerseits alles die Freiheit der Natur selber beibehalten, während es doch andererseits künstlich bearbeitet und gemacht und von einer vorhandenen Gegend bedingt ist, wodurch ein Zwiespalt hereinkommt, der keine vollständige Lösung findet. Es gibt in dieser Rücksicht zum größten Teil nichts Abgeschmackteres als solche überall sichtbare Absichtlichkeit des Absichtslosen, solchen Zwang des Ungezwungenen. Außerdem aber geht hier der eigentliche Charakter des Gartenmäßigen verloren, insofern ein Garten die Bestimmung hat, zum Lustwandeln, zur Unterhaltung in einem Lokale zu dienen, das nicht mehr die Natur als solche ist, sondern die vom Menschen für sein Bedürfnis einer selbstgemachten Umgebung umgestaltete Natur. Ein großer Park dagegen, besonders wenn er mit chinesischen Tempelchen, türkischen Moscheen, Schweizerhäusern, Brücken, Einsiedeleien und wer weiß mit was für anderen Fremdartigkeiten ausstaffiert ist, macht für sich selber schon einen Anspruch auf Betrachtung; er soll für sich selber etwas sein und bedeuten. Doch dieser Reiz, der sogleich befriedigt ist, verschwindet bald, und man kann dergleichen nicht zweimal ansehen; denn diese Zutat bietet dem Anblick nichts Unendliches, keine in sich seiende Seele dar und ist außerdem für die Unterhaltung, das Gespräch beim Umhergehen nur langweilig und lästig.

Ein Garten als solcher soll nur eine heitere Umgebung und bloße Umgebung sein, die nichts für sich gelten und den Menschen nicht vom Menschlichen und Inneren abziehen will. Hier hat die Architektur mit verständigen Linien, mit Ordnung, Regelmäßigkeit, Symmetrie ihren Platz und ordnet die Naturgegenstände selber architektonisch. Die Gartenkunst der Mongolen jenseits der Großen Mauer, in Tibet, die Paradiese der Perser folgen schon mehr diesem Typus. Es sind keine englischen Parks, sondern Säle mit Blumen, Brunnen, Springbrunnen, Höfe, Paläste zum Aufenthalt in der Natur, prächtig, grandios, verschwenderisch für menschliches Bedürfnis und menschliche Bequemlichkeit eingerichtet. Am meisten durchgeführt aber ist das architektonische Prinzip in der französischen Gartenkunst, die sich gewöhnlich auch an große Paläste anschließt, die Bäume in strenger Ordnung zu großen Alleen nebeneinanderpflanzt, sie beschneidet, gerade Wände aus geschnittenen Hecken bildet und so die Natur selbst zu einer weiten Wohnung unter freiem Himmel umwandelt.

 

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