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Inhalt - Übersicht

Einleitung

Erster Teil.
Die Idee des Kunstschönen oder das Ideal

Stellung der Kunst im Verhältnis zur endlichen Wirklichkeit und zur Religion und Philosophie

Zweiter Teil. Entwicklung des Ideals zu den besonderen Formen des Kunstschönen

Dritter Teil.
Das System der einzelnen Künste

Vom “Ende der Kunst” >

Wie nun aber die Kunst in der Natur und den endlichen Gebieten des Lebens ihr Vor hat, ebenso hat sie auch ein Nach, ...  >>>

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Vorlesungen über die Ästhetik
                          
(1835-1838)                                                              

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2. Der Kreis der besonderen Götter

Als angeschaute, in unmittelbarem Dasein dargestellte und damit bestimmte und besondere Individualität wird die Göttlichkeit notwendig zu einer Vielheit von Gestalten. Dem Prinzip der klassischen Kunst ist der Polytheismus schlechthin wesentlich, und es wäre ein törichtes Unternehmen, den Einen Gott der Erhabenheit und des Pantheismus oder der absoluten Religion, welche Gott als geistige und rein innere Persönlichkeit faßt, in plastischer Schönheit ausgestalten zu wollen oder zu meinen, daß bei den Juden, Mohammedanern oder Christen für den Inhalt ihres religiösen Glaubens die klassischen Formen wie bei den Griechen aus ursprünglicher Anschauung hätten hervorkommen können.

 

a. Vielheit von Götterindividuen

In dieser Vielheit schlägt sich das göttliche Universum dieser Stufe zu einem Kreise besonderer Götter auseinander, von denen jeder ein Individuum für sich und den anderen gegenüber ist. Diese Individualitäten sind aber nicht von der Art, daß sie nur als Allegorien für allgemeine Eigenschaften zu nehmen wären, so z. B. Apollo als Gott des Wissens, Zeus der Herrschaft, sondern Zeus ist ganz ebenso das Wissen, und Apollo in den Eumeniden, wie wir sahen, beschützt auch den Orest, den Sohn und Königssohn, den er selber zur Rache angereizt hatte. Der Kreis der griechischen Götter ist eine Vielheit von Individuen, von welchen jeder einzelne Gott, wenn auch im bestimmten Charakter einer Besonderheit, dennoch eine in sich zusammengefaßte Totalität ist, die an sich selbst auch die Eigenschaft eines anderen Gottes hat. Denn jede Gestalt, als göttlich, ist immer auch das Ganze. Dadurch allein enthalten die griechischen Götterindividuen einen Reichtum von Zügen, und obschon ihre Seligkeit in ihrem allgemeinen geistigen Beruhen auf sich selber und in der Abstraktion von der direkten und verendlichenden Richtung auf die zerstreuende Mannigfaltigkeit der Dinge und Verhältnisse liegt, so haben sie doch ebensosehr die Macht, nach verschiedenen Seiten hin sich wirksam und tätig zu erweisen. Sie sind weder das abstrakt Besondere noch das abstrakt Allgemeine, sondern das Allgemeine, das die Quelle des Besonderen ist.

 

b. Mangel systematischer Gliederung

Dieser Art der Individualität wegen kann nun aber der griechische Polytheismus keine an sich systematisch gegliederte Totalität ausmachen. Beim ersten Blick zwar scheint es unabweislich, an den Olymp der Götter die Forderung zu stellen, die vielen Götter, welche in ihm versammelt sind, müßten in ihrer Gesamtheit, wenn deren Besonderung Wahrheit haben und ihr Inhalt klassisch sein soll, nun auch die Totalität der Idee in sich ausdrücken, den ganzen Kreis der notwendigen Mächte der Natur und des Geistes erschöpfen und sich daher auch konstruieren, d. h. als notwendig aufzeigen lassen. Dieser Forderung wäre dann aber sogleich die Einschränkung beizufügen, daß diejenigen Mächte des Gemüts und der geistigen absoluten Innerlichkeit überhaupt, welche erst in der späteren höheren Religion wirksam werden, von dem Gebiet der klassischen Götter ausgeschlossen blieben, so daß sich der Umfang des Inhalts, dessen besondere Seiten in der griechischen Mythologie zur Anschauung gelangen könnten, schon dadurch verringern würde. Außerdem aber kommt einerseits durch die in sich mannigfache Individualität notwendig auch die Zufälligkeit der Bestimmtheit herein, die sich der strengen Gliederung der Begriffsunterschiede entzieht, indem sie den Göttern nicht erlaubt, bei der Abstraktion einer Bestimmtheit zu verharren; andererseits hebt die Allgemeinheit, in deren Elemente die Götterindividuen ihr seliges Dasein haben, die feste Besonderheit auf, und die Hoheit der ewigen Mächte erhebt sich heiter über den kalten Ernst des Endlichen, worein, wenn diese Inkonsequenz fehlte, die göttlichen Gestalten durch ihre Beschränktheit würden verwickelt werden.

Wie sehr deshalb auch die Hauptmächte der Welt, als Totalität der Natur und des Geistes, in der griechischen Mythologie dargestellt sind, so kann diese Gesamtheit sowohl um der allgemeinen Göttlichkeit als auch der Individualität der Götter willen dennoch nicht als ein systematisches Ganzes auftreten. Statt individueller Charaktere würden die Götter sonst mehr nur allegorische Wesen und statt göttlicher Individuen endlich beschränkte, abstrakte Charaktere sein.

 

 

 

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