1. Die unbewußte Symbolik
A. Die erste Stufe ist selbst noch weder eigentlich symbolisch zu nennen, noch eigentlich zur Kunst zu rechnen. Sie bahnt erst zu beidem den Weg hin. Dies ist die unmittelbare substantielle Einheit des Absoluten als geistiger Bedeutung mit dessen ungetrenntem sinnlichen Dasein in einer natürlichen Gestalt.
B. Die zweite Stufe bildet den Übergang zum eigentlichen Symbol, indem sich diese erste Einheit aufzulösen beginnt und sich nun einerseits die allgemeinen Bedeutungen für sich über die einzelnen Naturerscheinungen herausheben, andererseits jedoch ebensosehr in dieser vorgestellten Allgemeinheit wieder in Form konkreter Naturgegenstände zum Bewußtsein kommen sollen. In diesem nächsten doppelten Streben, das Natürliche zu vergeistigen und das Geistige zu versinnlichen, zeigt sich auf dieser Stufe ihrer Differenz die ganze Phantastik und Verwirrung, alle Gärung und wild umhertaumelnde Vermischung der symbolischen Kunst, welche zwar die Unangemessenheit ihres Bildens und Gestaltens ahnt, doch derselben noch durch nichts anderes als durch Verzerren der Gestalten zur Unermeßlichkeit einer bloß quantitativen Erhabenheit abzuhelfen vermag. Wir leben deshalb auf dieser Stufe in einer Welt voll lauter Erdichtungen, Unglaublichkeiten und Wunder, ohne jedoch Kunstwerken von echter Schönheit zu begegnen.
C. Durch diesen Kampf der Bedeutungen und ihrer sinnlichen Darstellung gelangen wir drittens zu dem Standpunkte des eigentlichen Symbols, auf welchem sich auch das symbolische Kunstwerk erst seinem vollständigen Charakter nach ausbildet. Die Formen und Gestalten sind hier nicht mehr die sinnlich vorhandenen, welche - wie auf der ersten Stufe - mit dem Absoluten als dessen Dasein, ohne durch die Kunst hervorgebracht zu sein, unmittelbar zusammenfallen oder - wie auf der zweiten - ihre Differenz gegen die Allgemeinheit der Bedeutungen nur durch aufspreizendes Erweitern der besonderen Naturgegenstände und Ereignisse von seiten der Phantasie her aufzuheben imstande sind; sondern was jetzt als symbolische Gestalt zur Anschauung gebracht wird, ist ein durch die Kunst erzeugtes Gebilde, das einerseits sich selber in seiner Eigentümlichkeit vorstellen, andererseits aber nicht nur diesen vereinzelten Gegenstand, sondern eine weitere, damit zu verknüpfende und darin zu erkennende allgemeine Bedeutung manifestieren soll, so daß diese Gestalten als Aufgaben dastehen, welche die Forderung machen, das Innere, das in sie hineingelegt ist, erraten zu lassen.
Über diese bestimmteren Formen des noch ursprünglichen Symbols können wir im allgemeinen vorausschicken, daß sie aus der religiösen Weltanschauung ganzer Völker hervorgehen, weshalb wir auch das Geschichtliche in dieser Beziehung in Erinnerung bringen wollen. Die Scheidung jedoch ist nicht in voller Strenge durchzuführen, da sich die einzelnen Auffassungs- und Gestaltungsweisen, nach Art der Kunstformen überhaupt, vermischen, so daß wir diejenige Form, welche wir als den Grundtypus für die Weltanschauung des einen Volks ansehen, auch bei früheren oder späteren, wennzwar untergeordnet und vereinzelt, wiederfinden. Im wesentlichen aber haben wir die konkreteren Anschauungen und Belege für die erste Stufe in der altparsischen Religion, für die zweite in Indien, für die dritte in Ägypten zu suchen.
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