B. Die Kunst der Erhabenheit
Wahrhaft nun aber ist die eine Substanz, welche als die eigentliche Bedeutung des ganzen Universums erfaßt wird, nur dann als Substanz gesetzt, wenn sie aus ihrer Gegenwart und Wirklichkeit in dem Wechsel der Erscheinungen als reine Innerlichkeit und substantielle Macht in sich zurückgenommen und dadurch gegen die Endlichkeit verselbständigt ist. Erst durch diese Anschauung vom Wesen Gottes als des schlechthin Geistigen und Bildlosen, dem Weltlichen und Natürlichen gegenüber, ist das Geistige vollständig aus der Sinnlichkeit und Natürlichkeit herausgerungen und von dem Dasein im Endlichen losgemacht. Umgekehrt jedoch bleibt die absolute Substanz im Verhältnis zu der erscheinenden Welt, aus der sie in sich reflektiert ist. Dies Verhältnis erhält jetzt die oben angedeutete negative Seite, daß das gesamte Weltbereich, der Fülle, Kraft und Herrlichkeit seiner Erscheinungen unerachtet, in Beziehung auf die Substanz ausdrücklich als das nur in sich Negative, von Gott Erschaffene, seiner Macht Unterworfene und ihm Dienende gesetzt ist. Die Welt ist daher wohl als eine Offenbarung Gottes angesehen, und er selbst ist die Güte, das Erschaffene, das an sich kein Recht hat, zu sein und sich auf sich zu beziehen, dennoch sich für sich ergehen zu lassen und ihm Bestand zu geben; das Bestehen jedoch des Endlichen ist substanzlos, und gegen Gott gehalten, ist die Kreatur das Verschwindende und Ohnmächtige, so daß sich in der Güte des Schöpfers zugleich seine Gerechtigkeit kundzutun hat, welche in dem an sich Negativen auch die Machtlosigkeit desselben und dadurch die Substanz als das allein Mächtige zur wirklichen Erscheinung bringt. Dies Verhältnis, wenn es die Kunst als das Grundverhältnis ihres Inhalts wie ihrer Form geltend macht, gibt die Kunstform der eigentlichen Erhabenheit. Schönheit des Ideals und Erhabenheit sind wohl zu unterscheiden. Denn im Ideal durchdringt das Innere die äußere Realität, deren Inneres es ist, in der Weise, daß beide Seiten als einander adäquat und deshalb eben als einander durchdringend erscheinen. In der Erhabenheit dagegen ist das äußere Dasein, in welchem die Substanz zur Anschauung gebracht wird, gegen die Substanz herabgesetzt, indem diese Herabsetzung und Dienstbarkeit die einzige Art ist, durch welche der für sich gestaltlose und durch nichts Weltliches und Endliches seinem positiven Wesen nach ausdrückbare eine Gott durch die Kunst kann veranschaulicht werden. Die Erhabenheit setzt die Bedeutung in einer Selbständigkeit voraus, der gegenüber das Äußerliche als nur unterworfen erscheinen muß, insofern das Innere nicht darin erscheint, sondern so darüber hinausgeht, daß eben nichts als dieses Hinaussein und Hinausgehen zur Darstellung kommt.
Im Symbol war die Gestalt die Hauptsache. Sie sollte eine Bedeutung haben, ohne jedoch imstande zu sein, dieselbe vollkommen auszudrücken. Diesem Symbol und seinem undeutlichen Inhalt steht jetzt die Bedeutung als solche und deren klares Verständnis gegenüber, und das Kunstwerk wird nun der Erguß des reinen Wesens als des Bedeutens aller Dinge, des Wesens aber, das die Unangemessenheit der Gestalt und Bedeutung, die im Symbol an sich vorhanden war, als die im Weltlichen sich über alles Weltliche hinweghebende Bedeutung Gottes selber setzt und deshalb in dem Kunstwerk, das nichts als diese an und für sich klare Bedeutung aussprechen soll, erhaben wird. Wenn man daher schon die symbolische Kunst überhaupt die heilige Kunst heißen kann, insoweit sie sich das Göttliche zum Gehalt für ihre Produktionen nimmt, so muß die Kunst der Erhabenheit die heilige Kunst als solche, die ausschließlich heilige genannt werden, weil sie Gott allein die Ehre gibt.
Der Inhalt ist hier im ganzen seiner Grundbedeutung nach beschränkter noch als im eigentlichen Symbol, welches beim Streben nach dem Geistigen stehenbleibt und in seinen Wechselbeziehungen eine breite Ausdehnung der Verwandlung des Geistigen in Naturgebilde und des Natürlichen in Anklänge des Geistes hat.
Diese Art der Erhabenheit in ihrer ersten ursprünglichen Bestimmung finden wir vornehmlich in der jüdischen Anschauung und deren heiligen Poesie. Denn bildende Kunst kann hier, wo von Gott ein irgend zureichendes Bild zu entwerfen unmöglich ist, nicht hervortreten, sondern nur die Poesie der Vorstellung, die durch das Wort sich äußert.
Bei der näheren Betrachtung dieser Stufe lassen sich folgende allgemeine Gesichtspunkte herausstellen.
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